WiSe 23/24: Hölle. Filmische Approximationen an einen Zustand
Tobias Haupts
Kommentar
Trotz einer oftmals proklamierten umfassenden Abkehr von den klassischen religiösen Sinngehalten verweist die alltägliche Sprache nicht selten auf die Reste eines genuin eschatologischen Denkens. Denn am Ende der Zeit steht nicht nur die Apokalypse, sondern auch Himmel und Hölle in ihrer Zugehörigkeit zu den sprichwörtlich letzten Dingen. In Bezug auf die Eschatologie suchen diese Worte stets den ultimativen Vergleich: Ein harter Tag kann die Hölle sein, die Sonne höllisch heiß auf das eigene Leben niederscheinen, oder die zu starke Speise nicht nur auf der Karte als mögliches Inferno angeboten werden. Dass die (christliche) Hölle als Topos seit Jahrhunderten Gegenstand der bildenden Kunst ist, mag daher nicht überraschen. Von den illustrierten Martern der verdammten Seelen in der Malerei, über die Literatur, wo die Hölle zuweilen die Anderen (J.-P. Sartre) sind, hin zu den düsteren Visionen des Kinofilms und der Streaming-Serie bildet sich eine Genealogie der Hölle, die häufig mehr mit ihrer jeweiligen Zeitgenossenschaft zu tun hat, als dass sie Gegenstand einer wie auch immer gearteten Offenbarung wäre.
Wenn der Kurs sodann die Frage nach einer filmischen Hölle stellen möchte, so stehen nicht ihre expliziten Bezüge zu Höllenfilmen im Fokus des Interesses (die meist ohnehin Filme über den Teufel statt seines Ortes sind), sondern bildet ein zuweilen recht irdisches, und hierbei nicht minder quälendes Moment menschlichen Lebens das Zentrum des Nachdenkens. Mittels der Lektüre theologisch-philosophischer wie auch kulturgeschichtlicher Texte soll Hölle somit heuristisch verstanden werden als ein Zustand und damit eine Form der Affektpoetik, die, zusammengesetzt aus Trauer, Schmerz und Hoffnungslosigkeit, filmische Gestalt annimmt, ohne die sich entfaltende audiovisuelle Welt dafür in Feuer und Schwefel versinken zu lassen. Dass folglich die filmischen Lektüren des Kurses im Kern ihrer Affizierung dem Publikum wenig Erheiterndes zu bieten haben, versteht sich durch den aufgemachten Bezug von selbst.
Zur grundlegenden Einführung sei verwiesen auf: Herbert Vorgrimler, Geschichte der Hölle, München 1994 (für die theologische Komponente) wie auch auf Georges Minois, Die Hölle. Kleine Kulturgeschichte der Unterwelt, Freiburg im Breisgau 2000 (für eine wesentlich säkularere Sicht auf den titelgebenden Gegenstand).
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