16651
Seminar
'Eckenlied' und 'Ortnit'
Meltem Han
Kommentar
„Ich rat dir, Sigurd, nimm diesen Rat an und reite von hier heim! Das klingende Gold und der glutrote Schatz, dich werden diese Ringe töten“ (Fm 20), warnt Fafnir den jungen Helden Sigurd im „Fafnirlied“ der „Älteren Edda“ (ca. 13. Jhd.) kurz vor seinem Tode, um die Aneignung des fluchbeladenen Hortes durch den Völsungen abzuwenden. Das rote Gold, das den todbringenden Ring (Andvaranaut) des Zwerges Andvari beherbergt, trieb zuletzt Fafnir dazu an, den eigenen Vater (Hreidmar) zu töten. Fortan nahm der Zwerg die Gestalt eines Lindwurms an, um den sagenhaften Hort zu behüten. Die Weissagung des sterbenden Drachen um den Untergang des völsungischen Helden bleibt jedoch ergebnislos; Sigurd entgegnet dem Gestaltwandler (zum Tode) entschlossen, dass er von seiner Unternehmung nicht ablassen und zur „Gnitaheide“ reiten werde, um den Hort in Besitz zu nehmen. The rest is „(his)story“: „Von den Männern, die auf der Erde wandeln, nenn ich dich den unerschrockensten Geborenen“ (Fm 23, 3-4), der heroische Drachentöter (Sîfrit) ist damit geboren. Der hier nur knapp referierte Sterbedialog des Drachen im „Fafnirlied“ verfolgt nicht nur die Absicht, in aller Kürze mit den Grundzügen und gängigen Themen der Gattung Heldenepik (fatale Eigendynamiken, ungezügelte Gewalt, „männliche“ Heroismen usw.) und ihren (häufig: anderweltlichen oder dinglichen) Handlungsträgern (u.a. Zwerge, „ringe“) vertraut zu machen, sondern insbesondere auch den (kulturwissenschaftlichen) Blick für die Leitfrage dieses Aufbauseminars freizulegen: Wie werden Helden in deutschsprachigen Heldenerzählungen des (Spät-)Mittelalters (performativ) hervorgebracht? Wie wird „Heldentum“ in den literarischen Texten (in einer „postheroischen“ Perspektive) verhandelt? Bedingt durch die besondere Auswahl der Texte erfolgt die Textanalyse im Seminar gänzlich unter ‚negativem‘ Vorzeichen: Im „Ortnit“ (13. Jhd.) und „Eckenlied“ (ca. 1230) werden nämlich heldische Protagonisten ‚vorgeführt‘, die ‚andersartig’ (nämlich: riesisch und zwergisch verwurzelt) sind; sie werden (diskursfunktional) als defizitäre Heldenfiguren konfiguriert; und somit narratologisch nicht zuletzt, über das übliche gattungstypische Maß hinaus, instrumentalisiert. Die Analyse der beiden Heldenerzählungen führt uns damit einerseits durch textspezifische Alteritäts-, Ehr-, Macht- sowie Gewaltdiskurse. Andererseits führt sie uns schließlich auch, in engmaschiger Verzahnung, auf die jeweiligen Makroebenen der Texte: Wie funktionieren die Untergangsnarrationen im Einzelfall? Welche Rolle nehmen spezifische (interaktive) Schaltstellen (vor allem „ring“-Übergaben) und spezifische ‚Kippfiguren‘ (im „Ortnit“: eine anderweltliche Vaterfigur und widerwillige „heidnische“ Braut) ein? Lässt sich nicht vielleicht, mit Blick auf die nordische Eingangserzählung, sogar von materialisierten Untergängen sprechen?
Textgrundlagen (zur Anschaffung obligatorisch): Otnit/Wolfdietrich. Frühneuhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Hrsg. und übers. v. Stephan Fuchs-Jolie, Victor Millet und Dietmar Peschel. Stuttgart 2013 (RUB 19139); Das Eckenlied. Mittelhochdeutsch/ Neuhochdeutsch. Text, Übersetzung und Kommentar von Francis B. Brévart. Stuttgart 1986 (RUB 19139).
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Textgrundlagen (zur Anschaffung obligatorisch): Otnit/Wolfdietrich. Frühneuhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Hrsg. und übers. v. Stephan Fuchs-Jolie, Victor Millet und Dietmar Peschel. Stuttgart 2013 (RUB 19139); Das Eckenlied. Mittelhochdeutsch/ Neuhochdeutsch. Text, Übersetzung und Kommentar von Francis B. Brévart. Stuttgart 1986 (RUB 19139).
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16 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Di, 15.10.2024 14:00 - 16:00
Di, 22.10.2024 14:00 - 16:00
Di, 29.10.2024 14:00 - 16:00
Di, 05.11.2024 14:00 - 16:00
Di, 12.11.2024 14:00 - 16:00
Di, 19.11.2024 14:00 - 16:00
Di, 26.11.2024 14:00 - 16:00
Di, 03.12.2024 14:00 - 16:00
Di, 10.12.2024 14:00 - 16:00
Di, 17.12.2024 14:00 - 16:00
Di, 07.01.2025 14:00 - 16:00
Di, 14.01.2025 14:00 - 16:00
Di, 21.01.2025 14:00 - 16:00
Di, 28.01.2025 14:00 - 16:00
Di, 04.02.2025 14:00 - 16:00
Di, 11.02.2025 14:00 - 16:00