Mechthild von Magdeburg, Gertrud von Helfta und Margareta Porete: Lateinische Frauenmystik im 13. Jahrhundert
Bernd Roling
Kommentar
Deutlicher als noch im 12. Jahrhundert, das allenfalls eine Schlüsselfigur wie Hildegard von Bingen vorweisen konnte, sehen das 13. und 14. Jahrhundert Frauen, die sich um eine individuelle Spiritualität und Gotteserfahrung bemühen und darüber in Selbstzeugnissen Auskunft geben. Vertreterinnen einer Laienfrömmigkeit, wie sie in den Beginen vorlag, waren in diesem Kreis ebenso zu finden wie Ordensfrauen, Zisterzienserinnen und Dominikanerinnen. Leidenschaftlich und oft in der Volkssprache oder im Lateinischen um die richtigen Worte ringend, verhandeln Elisabeth von Schönau, Alpais von Cudot und vor allem Großmystikerinnen wie Gertrud von Helfta, Margareta Porete oder Birgitta von Schweden, deren Ruf zwischen Kirchenlehrerin und Ketzerin schillern konnte, ihre mystische Innerlichkeit, ihre Einigungserfahrung mit dem Göttlichen und das Gefühl, zur Gänze von der göttlichen Liebe durchdrungen zu werden und suchen dabei nach Bildern, um dieses Erleben zu artikulieren und nachvollziehbar werden zu lassen und in Schemata eines Seelenaufstiegs zu transformieren. Vor allem eine oft von schmerzhafter Passionsmystik begleitete Christusfrömmigkeit sollte viele dieser Frauen ausweisen, dazu visionäre Erlebnisse und eine hohe, fast prophetische Autorität für ihre Um- und Nachwelt. Die gleichen Erfahrungen und der unbedingte Wunsch, an ihnen festzuhlaten, konnten jedoch, wie vor allem das Beispiel Margareta Poretes zeigen kann, die Mystikerin auch in erhebliche Konflikte verwickeln, die sogar mit ihrer Verurteilung enden konnten.
Im Seminar wollen wir eine Auswahl der hochmittelalterlichen Frauenmystik lesen und interpretieren. Auch volkssprachliche Texte sollen dabei unter Rückgriff auf ihre lateinischen Übersetzungen mit herangezogen werden.
Mary Lou Shea, Medieval Women on Sin and Salvation, New York 2010; Peter Dinzelbacher (Hg.), Mittelalterliche Frauenmystik, Paderborn 1993; Susanne Bürkle, Literatur im Kloster. Historische Funktion und rhetorische Legitimation frauenmystischer Texte des 14. Jahrhunderts, Tübingen 1999, Anneke B. Mulder-Bakker, Living Saints of the thirteenth Century, Turnhout 2011.
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