Dada schreibt Literaturgeschichte
Andreas Schmid
Kommentar
Die europäische Avantgarde wird schon dem Namen nach als eine Bewegung aufgefasst, die auf die Zukunft ausgerichtet war. In Manifesten und Bühnenspektakeln inszenierten die Akteur*innen von Futurismus, Dada und Surrealismus den Bruch mit früheren ästhetischen Traditionen, mit der Vergangenheit überhaupt. Sehr bald wurde sie aber zur „historischen Avantgarde“ – und das unter kräftiger Mitwirkung der Avantgarden selbst. Jenseits von Bekundungen literarischer und künstlerischer Unabhängigkeit arbeitete man am eigenen Nachleben in der Geschichte. Nicht selten bekämpfte man dabei auch die Darstellung der anderen, schrieb unliebsame Mitstreiter*innen aus der Geschichte und rückte die eigenen Leistungen ins Rampenlicht der Literaturwissenschaft.
Das Seminar fragt danach, wie Literaturgeschichte geschrieben wird und welchen Anteil die Autor*innen daran haben. Dazu erforschen wir gemeinsam eine Auswahl aus der umfangreichen Erinnerungsliteratur, die die Mitglieder von Dada zwischen 1918 und den 1970er Jahren veröffentlicht haben. Der Streit um die Erfindung des Lautgedichts und der Fotomontage, die Marginalisierung der Dadaistinnen, die Fälschung historischer Zeugnisse und die Entwicklung einer „Theorie der Avantgarde“ sind nur einige der möglichen Themen, die wir bearbeiten können.
SchließenLiteraturhinweise
Zur Vorbereitung empfohlene Lektüre:
Nicola Behrmann, ‘Scenes of Birth and Founding Myths: Dada 1916/17’, The Germanic Review, 91:4 (2016), 335-349.
Tobias Wilke, ‘The Making of a Manifesto: Historiography, Transcription, and the Beginnings of Dada’, The Germanic Review, 91:4 (2016), 370-391.
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Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung