WiSe 23/24: Tragödie heute
Matthias Warstat
Comments
Die Frage dieses Seminars nach der Gegenwart der Tragödie ist eine doppelte: Zum einen geht es darum, wie die tragische Erfahrung bzw. wie tragische Erfahrungen für unser Leben, für die Gesellschaft und die heutige Zeit gefasst werden können. Dabei handelt es sich um ein Leiden, das offenbar zu allen Zeiten nicht leicht auf den Begriff zu bringen war. Zu diesem philosophischen Problem tritt zum anderen die theatertheoretische Frage, wie tragische Erfahrungen heute auf dem Theater bzw. in den Künsten zur Geltung gebracht werden können. Hier richtet beispielsweise Hans-Thies Lehmann in seinem Buch „Tragödie und dramatisches Theater“ (2013) den Blick auf Überschreitungen, Transgressionen und Exzesse unterschiedlicher Art, die in den performativen Künsten beileibe nicht nur in der mit dem Begriff ‚Tragödie‘ bezeichneten Gattung, sondern in verschiedensten ästhetischen Formen erfahren werden können. Wobei gerade die Aufsprengung der Form, die Transgression und Öffnung des Theaterraumes für tragische Erfahrungen prädestiniert scheint. Von diesem Fragenkomplex ausgehend wird das Seminar theoretische, historiografische und aufführungsanalytische Recherchen miteinander verbinden. Wir werden in theoretischen Lektüren verschiedene Versuche kennenlernen, das Tragische für die Gegenwart zu fassen. Theatergeschichtlich soll im Rückblick auf das 20. Jahrhundert die These überprüft werden, dass das Tragische in unterschiedlichsten historischen Theaterformen und Genres auftauchen konnte, so etwa auch im Lehrstück, in der Performancekunst oder im postdramatischen Theater. Im gemeinsamen Besuchen und Diskutieren von aktuellen Inszenierungen und Performances wird sich das Seminar auf die Suche nach heutigen Ausprägungen der Tragödie machen.
close16 Class schedule
Regular appointments