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Seminar
WiSe 23/24: Politische Emotionen
Federica Gregoratto
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Einflussreiche Theoretiker der liberalen, westlichen Tradition der politischen Philosophie haben politische Emotionen als gefährlich (schlimmstenfalls) oder unnötig (bestenfalls) für ein gutes gemeinsames Leben lange eingeschätzt. Viele haben die Kunst des politischen Denkens als das Streben nach der Vorherrschaft der Vernunft über Gefühlen und Affekte konzipiert. Politik sollte im Grunde in Handeln, Aktivität, agency, und bloß nicht in Leidenschaft und Passivität bestehen.
In jüngster Zeit haben dennoch einflussreiche Verfasser_innen in der Geist- und Sozialwissenschaften für ein Umdenken der politischen Emotionen plädiert. Neue Ansätze in der Geschichte politischen Denkens stellen fest, viele Klassiker und frühmoderne Autoren sind oft sensiblerer bezüglich der positiven politischen und sozialen Kraft mancher Gefühlen als zeitgenössische Philosoph_innen gewesen. Die bieten anspruchsvolle und raffinierte Denkstößen über die Rolle und den Platz von Emotionen im politischen Leben an, die wertvolle Ressourcen für den Verständnis und die Deutung derzeitigen Ereignissen und Herausforderungen darstellen könnten. Darüber hinaus haben einige zeitgenössische Denker_innen die Überzeugung erfolgreich in Frage gestellt, dass politische Deliberation, Verfahren und Handlung angemessen, gerecht und gut nur insofern sein können, in dem sie von jener Spur von Leidenschaft, körperlicher Affizierbarkeit und Sinnempfindungen ‚gereinigt‘ werden. Diesen Denker_innen zufolge sind Untersuchungen in die politischen Emotionen hilfreich oder sogar notwendig, um politische bzw. soziale Verhältnissen zu konzeptualisieren, Bewegungen und Konflikten zu kapieren, Entfremdung vom und mangelnde Teilnahme am gemeinschaftlichen Leben zu diagnostizieren, Transformationen zu antizipieren und bewerten.
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