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Ein Wildbienen-Hotel für die Blumenwiese

Mitmachaktion der Initiativen „SUSTAIN IT!“, „Berlin summt!“ und des Studentenwerks Berlin schafft neues Zuhause für bedrohte Wildbienen

22.05.2015

Tatkräftige Unterstützung: Beim Bau des Wildbienen-Hotels halfen viele Freiwillige mit.

Tatkräftige Unterstützung: Beim Bau des Wildbienen-Hotels halfen viele Freiwillige mit.
Bildquelle: Karola Braun-Wanke

Die Politikstudentin Henrike und ihr Kommilitone Felix halfen spontan mit, als sie von der Aktion erfuhren.

Die Politikstudentin Henrike und ihr Kommilitone Felix halfen spontan mit, als sie von der Aktion erfuhren.
Bildquelle: Verena Blindow

Begehrtes Nistmaterial: Die einzelnen Schilfrohre werden am Rahmen festgeklebt, um sie vor Vögeln zu schützen. In einem Schilfrohr finden acht Wildbienen-Eier Platz.

Begehrtes Nistmaterial: Die einzelnen Schilfrohre werden am Rahmen festgeklebt, um sie vor Vögeln zu schützen. In einem Schilfrohr finden acht Wildbienen-Eier Platz.
Bildquelle: Karola Braun-Wanke

Auf einem Klapptisch liegen verschiedene Materialien verstreut: abgeschnittene Schilfrohre, Klebstoff, Schleifpapier sowie quadratische Holzblöcke mit unterschiedlich großen Bohrlöchern und Freiräumen zwischen zu Mustern angeordneten Holzstreben. Am Tisch sitzen Henrike und Felix und füllen die Lücken ihrer Holzquader mit Schilfrohrstücken. Natürlich nicht zum reinen Zeitvertreib: Zusammen mit dem Team von „SUSTAIN IT! Initiative für Nachhaltigkeit + Klimaschutz“ der Freien Universität Berlin, der Initiative „Berlin summt!“ und dem Studentenwerk Berlin sowie anderen Freiwilligen bauen die Politikstudierenden einzelne Module für ein sogenanntes Wildbienen-Hotel, das Wildbienen auf der Wiese vor der vegetarischen Mensa ein Zuhause bieten soll.

Wie Henrike und Felix bleiben viele Neugierige stehen und helfen spontan mit, als sie an der Bastelstube unter freiem Himmel auf der Wiese vor der vegetarischen Mensa vorbeikommen und so von der Mitmachaktion erfahren. Schon im November vergangenen Jahres zeigte sich ein ähnliches Bild: Damals brachten die Studentinnen Anne Schindhelm und Janine Beyert von der Nachhaltigkeitsinitiative SUSTAIN IT!, ihre Kommilitonen sowie Mitarbeiter der Freien Universität in der Mittagspause dazu, spontan den Spaten in die Hand zu nehmen, um Frühblüher und Tulpenzwiebeln zu setzen. Mit Erfolg: Mehr als 200 Pflanzenliebhaber beteiligten sich und legten so den Grundstein für das Vorhaben, Wildbienen auf dem Campus der Freien Universität anzusiedeln und ihnen Nahrung und Unterschlupf zu bieten. Im Frühjahr dieses Jahres erblühte die Wiese in farbenfroher Pracht – und bot so Mensabesuchern einen Augen- und Wildbienen einen „Gaumenschmaus“.

Ein Unterschlupf für viele verschiedene Wildbienen-Arten

Die meisten der 560 in Deutschland lebenden, stark bedrohten Wildbienenarten leben im Gegensatz zu ihren geselligen Verwandten, den Honigbienen, nicht in Gemeinschaften, sondern sind Einzelgänger und treffen sich nur für kurze Zeit zur Paarung. Damit der Nachwuchs geschützt schlüpfen und sich entwickeln kann, legen die Weibchen ihre Eier in röhrenförmigen Hohlräumen ab. Im Wildbienen-Hotel mit seinen unzähligen Schilfrohren und Holzlöchern bieten sich für die Wildbienen zahlreiche Nistmöglichkeiten und Platz für mehr als 6000 Eier. Die Löcher haben Durchmesser von drei bis acht Zentimeter – „so finden viele Wildbienenarten, die sich unter anderem in der Größe unterscheiden, dort Unterschlupf“, sagt Corinna Hölzer. Die Initiatorin von Berlin summt! ist an diesem Tag selbst vor Ort und erklärt Interessierten, wie Wildbienen leben und sich entwickeln.

„Ein Weibchen kann in ihrem Leben bis zu 40 Eier ablegen und legt für jedes eine eigene Brutkammer an“, erklärt Corinna Hölzer. Wildbienen haben zwar nur einen recht kurzen Lebenszyklus – 30 bis 40 Tage – und zeugen im Vergleich zur Honigbiene nur wenige Nachkommen. „Aber für die Bestäubung der Blüten sind sie von unschätzbarem Wert“, sagt Corinna Hölzer. Umso wichtiger sind geeignete Nistplätze.

Für das Wildbienen-Hotel auf der Wiese vor der vegetarischen Mensa verwendet das Team unzählige acht Zentimeter lange Schilfrohre, die Platz für jeweils acht Eier bieten. „In jeder etwa einen Zentimeter großen Kammer befindet sich ein Ei sowie ein sogenanntes Pollenbrot, von dem die geschlüpfte Bienenlarve sich während ihrer Entwicklung ernährt“, sagt Hölzer. Der Eingang des Nests wird von dem Weibchen verschlossen und von ihren Nachkommen wieder geöffnet, sobald sie die Metamorphose abgeschlossen haben. „Die Natur hat es so eingerichtet, dass sich in den vorderen Brutkammern die Männchen befinden. Sie sind früher flugbereit als die Weibchen – und warten vor dem Nest auf ihre zukünftigen Partnerinnen, um sich gleich mit ihnen zu paaren.“

Zwischenstand: Nach der Arbeit vieler fleißiger Helfer ist das Wildbienen-Hotel fast fertig - und schon jetzt bereit für seine zukünftigen Mieter.

Zwischenstand: Nach der Arbeit vieler fleißiger Helfer ist das Wildbienen-Hotel fast fertig - und schon jetzt bereit für seine zukünftigen Mieter.
Bildquelle: Verena Blindow

Was für's Auge und den Rüssel: Die Blumenwiese vor der vegetarischen Mensa zeigte sich im Frühjahr in voller Pracht.

Was für's Auge und den Rüssel: Die Blumenwiese vor der vegetarischen Mensa zeigte sich im Frühjahr in voller Pracht.
Bildquelle: Lena Pflüger

Wildbienen sind für Menschen ungefährlich

Mensabesucher müssen sich übrigens keine Sorgen machen, wenn sie in der Sonne ein Eis genießen wollen. „Wildbienen ernähren sich ausschließlich von Blütenpollen“, sagt die Bienenexpertin. „Und stechen könnten sie auch dann nicht, wenn sie wollen: Der Wildbienenstachel ist so klein, dass er nicht durch die menschliche Haut dringt.“

Entworfen und gebaut hat das Wildbienen-Hotel der Schreiner Jürgen Schwandt aus Augsburg. Zum Aufstellen des Gerüsts ist der Kooperationspartner von „Berlin summt!“ extra nach Berlin gereist. Es sei bereits sein zehntes Hotel, erzählt er. Die Besonderheit seiner Entwürfe: Die einzelnen Module aus Birkenholz sind unterschiedlich gestaltet und lassen sich beliebig austauschen und kombinieren. Finanziert wurde die hölzerne Nisthilfe vom Studentenwerk Berlin, das sich schon seit Jahren für das Thema Bienen stark macht. So hält es etwa auf dem Dach der Silberlaube zwei Bienenstöcke, die vom ehemaligen Koch des Studentenwerks Jürgen Spethmann ehrenamtlich betreut werden. Die große Mensa der Freien Universität ist damit der zweite offizielle „Berlin summt!“-Standort – neben der Mensa HU-Nord in Berlin-Mitte – an dem Honig- und Wildbienen gefördert werden.

In der Mittagspause Gutes tun

Karola Braun-Wanke, Koordinatorin der Initiative SUSTAIN IT!, freut sich über die positive Resonanz auf die Mitmachaktion: „Mit den Frühblühern und Tulpen, die jedes Jahr wiederkommen, sorgen wir langfristig für einen lebens- und wildbienenfreundlichen Campus.“ Gleichzeitig hätten viele Vorbeikommende und Mensabesucher dafür interessiert werden können, wie wichtig Wildbienen für die Bestäubung von Pflanzen sind und damit für die Vielfalt der Natur. Die Studenten Felix und Henrike haben in dieser Mittagspause auch dazugelernt – und ganz nebenbei einen Beitrag zum Naturschutz geleistet.