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„Der Sound des Krieges" – Konferenz an der Freien Universität vom 27. bis 29. September

Krieg bricht mit höchster Brutalität in das Leben von Menschen ein – auch akustisch. Eine Konferenz beschäftigt sich damit, wie Detonationen, Schreie und Sirenen Menschen traumatisieren

26.09.2023

Szene aus dem Netflix-Film „Im Westen nichts Neues“ aus dem Jahr 2022.

Szene aus dem Netflix-Film „Im Westen nichts Neues“ aus dem Jahr 2022.
Bildquelle: Picture Alliance / NetflixCourtesy Everett Collection

Das sogenannte Trommelfeuer gehörte zu den größten Schrecknissen des Ersten Weltkrieges. Artillerien beider Seiten feuerten ununterbrochen und ungezielt auf die Schützengräben des Gegners – manchmal tagelang. Hunderte Granaten gingen über kilometerweite Gebiete nieder. Einzelne Detonationen waren nicht mehr auszumachen. Stattdessen herrschte ein einziges ohrenbetäubendes Getose über dem Schlachtfeld.

Dr. Gundula Gahlen, Historikerin am Friedrich-Meinecke-Institut für Geschichtswissenschaft der Freien Universität.

Dr. Gundula Gahlen, Historikerin am Friedrich-Meinecke-Institut für Geschichtswissenschaft der Freien Universität.
Bildquelle: Privat

„Es gab lange Zeiträume höllischen Lärms, die immer wieder durch Perioden völliger Stille unterbrochen wurden“, sagt Gundula Gahlen. „Das Getose des Trommelfeuers machte Tausende Soldaten psychisch krank.“

Die Historikerin forscht und lehrt als Privatdozentin am Friedrich-Meinecke-Institut für Geschichtswissenschaft der Freien Universität. Sie ist Expertin für die Geschichte von Menschen, die einst als „Kriegsneurotiker“ bezeichnet wurden: Soldaten, die nervlich und psychisch schwer versehrt von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges heimkehrten. „Viele dieser Patienten“, sagt die Wissenschaftlerin, „sahen im Lärm des industrialisierten Maschinenkrieges eine entscheidende Quelle für ihr Leiden.“

Auch über den Ersten Weltkrieg hinaus, sagt Gundula Gahlen, gelte es, die akustische Dimension in die Analyse von Kriegen einzubeziehen. „Kriegsgeräusche gehörten seit jeher zu den lautesten Geräuschen der Menschheitsgeschichte“, sagt sie. „Kriegerische Gewalthandlungen lassen sich nur verstehen, wenn man diesen Phänomenen Rechnung zollt.“ Für Gundula Gahlen sind zwei Leitfragen entscheidend: Wie und warum haben sich Kriegsgeräusche im Laufe der Geschichte gewandelt? Und: Wie wurden diese Geräusche von den Menschen verschiedener Epochen wahrgenommen, gedeutet underinnert?

„Zum Klang des Krieges  gehören nicht nur die Geräusche von Waffen und Kriegsgerät“, sagt Gahlen. „Es geht auch um Bewegungsgeräusche von Menschen und Tieren, um Jubel- und Schmerzensschreie, um Signale und Kriegsgetrommel sowie Reden, Gespräche und Gebete im Vorfeld von Kampfhandlungen.“ Und auch um die Stille gehe es, die in der Geschichte des Krieges oftmals als besonders bedrohlich empfunden worden sei. „Die Erforschung der Sinnesgeschichte, insbesondere der akustischen Phänomene, hat in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erlebt“, sagt Gundula Gahlen. Wie die Erkenntnisse dieser „Sound Studies“ mit speziell militärgeschichtlichen Fragestellungen verknüpft werden können, ist Thema einer Konferenz an der Freien Universität vom 27. bis 29. September.

Die dreitägige Konferenz „Der Sound des Krieges“ wird von Gundula Gahlen gemeinsam mit dem Mittelalterhistoriker Martin Clauss von der Technischen Universität Chemnitz und Oliver Janz, Professor für Neuere Geschichte an der Freien Universität, organisiert. Sie kann im Livestream verfolgt werden.