Springe direkt zu Inhalt

Thema: Stiftungsprofessur und Kooperation mit Hanban

Wer ist der Vertragspartner auf chinesischer Seite?

Das Center for Language Education and Cooperation. Ursprünglicher Vertragspartner der Freien Universität war die chinesische Organisation Confucius Institutes Headquarters – die für Kulturaustausch mit dem Ausland zuständige Unterabteilung des Bildungsministeriums der Volksrepublik China, kurz Hanban. Deshalb wird in mehreren Antworten dieses Dokuments auf Hanban verwiesen.

Wie verlief die Besetzung der Professur „Didaktik des Chinesischen sowie Sprache und Literatur Chinas“ am Ostasiatisches Seminar / Sinologie – Chinastudien? Wurde Bewerberinnen und Bewerbern die Kooperationsvereinbarung mit Hanban gezeigt? Wurden den Bewerberinnen und Bewerbern Unterlagen über die Kooperation mit Hanban zugänglich gemacht?

Die Stelle wurde nicht anders behandelt als jede andere zu besetzende Professur an der Freien Universität. Auf Nachfrage zu Finanzierungsdetails im Rahmen der Berufungsgespräche wurde die Kooperation genannt. Es wäre in jedem Bewerbungsverfahren allerdings völlig unüblich, externen, nicht eingestellten Stellenbewerberinnen und Bewerbern Kooperationsvereinbarungen vorzulegen.

Die Kalkulation der Mittel für die Stelle war von vornherein so angelegt, dass die Freie Universität die Kosten nach Auslaufen der Anschubfinanzierung weiter finanziert, also spätestens nach fünf Jahren: Eine vorzeitige Beendigung der Anschubfinanzierung hätte für die Anstellungssituation der Bewerberinnen und Bewerber bei der Freien Universität keinen Unterschied gemacht.

Mit welchen Summen unterstützt Hanban die Professur?

Es handelt sich um eine fünfjährige Anschubfinanzierung. Insgesamt stellt die chinesische Seite für diesen Zeitraum für die Ausstattung der Professur knapp 500.000 Euro zur Verfügung. Beide Partner können den Vertrag jederzeit kündigen. Nach Auslaufen der Förderung übernimmt die Freie Universität die Finanzierung aus eigenen Mitteln, sollte dies erforderlich weden, etwa durch den Versuch einer Einflussnahme von chinesischer Seite auf Studium, Lehre und Forschung an der Hochschule. Die Anschubfinanzierung erlaubt es der Freien Universität, den Aufbau dieses wichtigen, für das Lehramt qualifizierenden Studiengangs jetzt in Angriff zu nehmen. Bereits seit zehn Jahren bildet das Land Berlin Referendarinnen und Referendare für Chinesisch als Quereinsteiger aus, das Schulfach Chinesisch wird an mehr als zehn Schulen des Landes als Abiturfach angeboten – mit diesem Studiengang erhält diese Ausbildung nun die erforderliche wissenschaftliche Basis am Standort Berlin.

Besteht bei dem Vertrag mit Hanban das Risiko, dass eine unliebsame Äußerung des Inhabers oder der Inhaberin der Professur von der chinesischen Seite zum Anlass genommen werden kann, die Finanzierung zu beenden?

Erfahrungen anderer Institutionen in Deutschland, bei denen in Einzelfällen Stellen über Hanban finanziert werden, belegen eine solche Vermutung nicht: Einflüsse hat es dort nach unserem Wissen nicht gegeben – weder auf die Besetzung oder die Arbeit solcher Professuren. Grundsätzlich steht es wie üblich allen Vertragsparteien zu, geschlossene Verträge jederzeit neu zu bewerten. Im Falle dieser Professur besteht für die Freie Universität zurzeit kein Anlass, die Kooperation infrage zu stellen.

Im Kooperationsvertrag ist geregelt, dass Hanban eine Lehrkraft entsenden soll. Warum akzeptiert die Freie Universität es, dass die Auswahl einer Lehrkraft durch eine staatliche Organisation wie Hanban vorgenommen wird? Wäre damit ausgeschlossen, dass beispielsweise ein Falun-Gong-Anhänger oder eine Falun-Gong-Anhängerin ausgewählt wird?

Die gegenwärtige und ehemalige politische Haltung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Fachbereichen und Zentralinstituten der Freien Universität ist – weder im Allgemeinen und noch im Speziellen – Gegenstand einer Überprüfung durch die Hochschule. Die gilt auch für Angestellte der Verwaltung. Ein solcher Austausch ist zudem nicht ungewöhnlich: Der Deutsche Akademische Austausch-Dienst entsendet im Rahmen bilateraler Abkommen in ähnlicher Weise seit Jahrzehnten Lektorinnen und Lektoren für Deutsch und Germanistik an Universitäten weltweit (mehr als 20 in China und Taiwan), deren Auswahl ebenfalls in Deutschland vorgenommen wird; nach dieser Vorauswahl werden sie den gastgebenden Hochschulen im Ausland als von Deutschland finanziell unterstützte Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen.

Die Kooperationsvereinbarung mit Hanban sieht die Möglichkeit jährlicher Evaluationen vor. Wie stehen Sie dazu?

Es ist Usus, dass Geldgebern über die Verwendung ihrer Mittel und die Fortschritte in regelmäßigen Abständen Bericht erstattet wird. Die Freie Universität ist für chinesische Partner-Institutionen und vermutlich auch staatliche Stellen seit Jahrzehnten keine Unbekannte, wir gehen davon aus, dass jede in- und ausländische Partner-Institution eine Haltung zur Freien Universität hat und diese in Abhängigkeit von deren Erfolgen und strategischen Entscheidungen über die Jahre und Jahrzehnte weiterentwickelt. Dies gilt im umgekehrten Fall selbstverständlich auch für die Haltung der Freien Universität zu ihren Partnern im weltweiten akademischen Austausch. Die Freie Universität hat 2007, 2012 und 2019 – also dreimal in Folge – in einem bundesweit hoch kompetitiven Wettbewerb den Titel einer Exzellenzuniversität errungen und muss kein Urteil über ihre Leistungsfähigkeit in Forschung und Lehre fürchten.

Warum hat die Freie Universität sich nach Paragraph 14 der Vereinbarung verpflichtet, korrigierende Maßnahmen zu ergreifen, etwa dann, wenn chinesische Gesetze gebrochen werden?

Die Freie Universität hat sich nach Punkt 14 nicht „verpflichtet“, Korrekturmaßnahmen zu ergreifen; das Hanban kann lediglich darum ersuchen. Die Entscheidung, dem zu entsprechen oder nicht zu entsprechen, liegt bei der Freien Universität Berlin. Die Freie Universität geht nicht davon aus, dass durch den Studiengang deutsche oder chinesische Gesetze verletzt werden, auch bei voller Ausübung der akademischen und der Meinungsfreiheit. Nachdem der Berliner Senat Bedenken wegen drei Punkten im Kooperationsvertrag über die Stiftungsprofessur angemeldet hatte, hatte die Freie Universität Nachverhandlungen mit dem chinesischen Partner aufgenommen. Alle angesprochenen Punkte konnten im Sinne der Freien Universität geklärt werden; der neu verhandelte Vertrag wurde Ende 2020 von beiden Seiten unterzeichnet.

Trifft es zu, dass die Freie Universität den Vertrag nur beenden darf, wenn Hanban seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommt, wenn die Freie Universität nach Ansicht von Hanban das Programm nicht fortsetzen kann oder wenn es hierzu nicht die erforderlichen Mittel aufbringen kann? Die Vizepräsidentin der Freien Universität hat im Akademischen Senat erklärt, die Hochschule könne den Vertrag jederzeit kündigen. Trifft dies zu?

Die Erklärung der Vizepräsidentin im Akademischen Senat ist nichts hinzuzufügen: Ihre Aussage ist richtig und fasst die Vereinbarung zu diesem Punkt zutreffend zusammen: Die Freie Universität kann den Vertrag jederzeit kündigen, indem sie gemäß Punkt 16 das Hanban darüber informiert, dass sie das Programm nicht fortsetzen möchte. Drei Monate später kann es dann beendet werden.

Nach Absatz 16 der Kooperation muss die Freie Universität, wenn sie etwa nicht die erforderlichen finanziellen Mittel aufbringen kann, außer im Falle einer Einigung alle Verluste von Hanban finanzieren. Ist es denkbar, dass die Mittel zurückgezahlt werden müssen, die Hanban zu dem dann gescheiterten Aufbau der Professur zur Verfügung gestellt hat?

Die Freie Universität und Hanban haben einen Vertrag über fünf Jahre geschlossen: Die Freie Universität hat keinen Zweifel daran, dass der Aufbau des mit der Finanzierung der Professur geplanten Bachelor-Studiengangs „Chinesische Sprache Gesellschaft“ gelingt. Im unwahrscheinlichen Fall eines Scheiterns gehen wir nach unseren bisherigen, durchweg positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Hanban davon aus, dass in diesem Fall eine gütliche Einigung erreicht werden könnte: Im unwahrscheinlichen Fall eines solchen Scheiterns wäre der Ansehensverlust für Hanban deutlich größer, als er für die Freie Universität Berlin wäre. Der Studiengang wird nach Bewilligung durch die Berliner Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung vom Wintersemester 2021/2022 an angeboten. Der Einrichtung hatten zuvor bereits die zuständigen Gremien der Freien Universität zugestimmt.

Finanzieren neben der Volksrepublik China weitere Staaten Professuren an der Freien Universität Berlin?

Die Freie Universität Berlin als internationale Netzwerk-Universität verkörpert seit ihrer Gründung 1948 den internationalen Austausch wie bundesweit wohl keine andere Hochschule, und ihre Beschäftigten in Forschung, Lehre und Verwaltung sowie ihre Studierenden wissen dies zu schätzen: An ihr studieren, lehren, forschen und arbeiten Personen aus fast 130 Staaten. Es gibt an der Freien Universität keine weiteren Professuren, die von ausländischen Staaten finanziert werden.