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Blick in die Zukunft

17.04.2012

Wovon wollen wir leben? Wie wollen wir lernen? Wie wollen wir zusammenleben? Um diese Fragen dreht sich das Projekt "Zukunftsdialog", das Bundeskanzlerin Angela Merkel im Februar 2012 initiierte.

Wovon wollen wir leben? Wie wollen wir lernen? Wie wollen wir zusammenleben? Um diese Fragen dreht sich das Projekt "Zukunftsdialog", das Bundeskanzlerin Angela Merkel im Februar 2012 initiierte.
Bildquelle: iStockphoto.com/Alistair Scott

Wovon wollen wir leben? Wie wollen wir lernen? Wie wollen wir zusammenleben? Um diese Fragen dreht sich das Projekt „Zukunftsdialog“, das Bundeskanzlerin Angela Merkel im Februar 2012 initiierte. Unter der Überschrift „Menschlich und erfolgreich. Dialog über Deutschlands Zukunft“ will die Kanzlerin in direkten Kontakt zu Bürgern treten – etwa über das Online-Portal www.dialog-ueber-deutschland.de.

Hierzu wurden 120 Personen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Praxis in einen Expertenkreis berufen, darunter zwei Professorinnen und vier Professoren der Freien Universität. Diese sind an allen drei Themenblöcken beteiligt: künftiges Leben, Lernen und Zusammenleben. Wir haben mit ihnen einen Blick in die Zukunft gewagt und sie nach den größten Herausforderungen der kommenden 25 Jahre gefragt.

Heather Cameron (links) ist Juniorprofessorin für Integrationspädagogik am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität und Professorin an der University of the Wester Cape, Südafrika.

Heather Cameron (links) ist Juniorprofessorin für Integrationspädagogik am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität und Professorin an der University of the Wester Cape, Südafrika.
Bildquelle: startsocial

Ronnie Schoeb ist Professor für Volkswirtschaftslehre und Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität.

Ronnie Schoeb ist Professor für Volkswirtschaftslehre und Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität.
Bildquelle: David Ausserhofer

Thomas Risse ist Professor für Internationale Politik und Direktor der Arbeitsstelle Transnationale Beziehungen, Außen- und Sicherheitspolitik am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin.

Thomas Risse ist Professor für Internationale Politik und Direktor der Arbeitsstelle Transnationale Beziehungen, Außen- und Sicherheitspolitik am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Prof. Dr. Heather Cameron
Arbeitsgruppe „Gemeinsinn und soziale Kompetenzen“

Heather Cameron (links) ist Juniorprofessorin für Integrationspädagogik am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität und Professorin an der University of the Western Cape, Südafrika. Die Kanadierin wurde 2010 als Hochschullehrerin des Jahres ausgezeichnet und ist Gründerin von Boxgirls International, 2010 im Wettbewerb startsocial mit dem Sonderpreis der Bundeskanzlerin gewürdigt.

„Eine der Herausforderungen wird es sein, Anreize zu schaffen, damit alle, die in Deutschland leben, mit ihren Potenzialen zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen. Nur, wenn wir Menschen schon früh vermitteln, dass sie und ihre Ideen geschätzt sind, werden sie auch zu aktiven Mitgliedern unserer Gesellschaft. Wir müssen der Ausgrenzung marginalisierter Gruppen entgegentreten und gemeinsame Werte aushandeln. Um der sozialen Spaltung entgegenzuwirken, sollten vor allem Privilegierte ihre Machtpositionen überdenken. Es ist wichtig, dass sich die Menschen in Deutschland dem Thema Migration tatsächlich öffnen und eine partizipative Gesellschaft schaffen, in der Nicht- Deutsche als Gleichberechtigte willkommen sind. Nur dann können diese ihre Ideen, ihr Engagement und ihre Arbeit einbringen, von der alle profitieren werden.“

Kontakt: Freie Universität Berlin, Arbeitsbereich Integrationspädagogik, Bewegung und Sport, E-Mail: cameron@zedat.fu-berlin.de


Prof. Dr. Ronnie Schöb
Arbeitsgruppe „Zukunft der Arbeit“

Ronnie Schöb ist Professor für Volkswirtschaftslehre und Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich intensiv mit Arbeitsmarktfragen. 2006 erhielt der Ökonom den Ellen-und-Max-Woitschach-Preis für ideologiefreie Wissenschaft.

„Der Begriff der Solidargemeinschaft muss neu definiert werden: Unsere soziale Grundsicherung garantiert ein bedarfsorientiertes Mindesteinkommen und bestimmt dieses relativ zum Durchschnittseinkommen. Arbeit hingegen wird nicht bedarfsgerecht entlohnt, sondern entsprechend der Produktivität. Gering Produktiven, deren Produktivität langsamer anwächst, droht ein dauerhafter Ausschluss vom Arbeitsmarkt. Hohe Sozialversicherungsbeiträge verschärfen dieses Problem, und selbst starke Anstrengungen in der Bildungspolitik werden diese Entwicklung nicht verhindern. Ähnlich wie bei der Einkommenssteuer muss deshalb in der Sozialversicherung der Grundsatz gelten: Einen Beitrag für die Gemeinschaft hat nur der zu leisten, der mit eigener Arbeit ein Einkommen erzielt, das über dem soziokulturell definierten Mindesteinkommen liegt.“

Kontakt: Freie Universität Berlin, Institut für Öffentliche Finanzen und Sozialpolitik, E-Mail: ronnie.schoeb@fu-berlin.de


Prof. Dr. Thomas Risse
Arbeitsgruppe „Deutschlands Selbstbild“

Thomas Risse ist Professor für Internationale Politik und Direktor der Arbeitsstelle Transnationale Beziehungen, Außen- und Sicherheitspolitik am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität. Er ist Sprecher des Sonderforschungsbereichs 700 „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit“ und Co-Direktor der Kolleg-Forschergruppe „The Transforming Power of Europe“, beide DFG-gefördert.

„Die größte politische Herausforderung für Deutschland in den kommenden Jahren ist aus meiner Sicht, wie Parteien und Regierung mit der neuen Führungsrolle der Bundesrepublik in der Europäischen Union umgehen. Damit verbunden ist eine besondere Verantwortung: Erstens muss Deutschland auf eine Weise führen, die seine europäischen Partner nicht vor den Kopf stößt, sondern deren Interessen und Wahrnehmungen einbezieht. Zweitens muss die deutsche Bevölkerung mitgenommen werden. Das Projekt Europa kann nicht überleben, wenn die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl bekommen, dass sie in der EU nichts zu sagen haben. Die Themen der europäischen Politik müssen zum normalen Teil der Innenpolitik werden. Der Streit über Europa ist richtig und sinnvoll. Er darf nicht den Europa-Skeptikern überlassen werden.“

Kontakt: Freie Universität Berlin, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, E-Mail: atasp@fu-berlin.de

Miranda Schreurs ist Professorin für Vergleichende Politikwissenschaft und Leiterin des Forschungszentrums für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität.

Miranda Schreurs ist Professorin für Vergleichende Politikwissenschaft und Leiterin des Forschungszentrums für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität.
Bildquelle: David Ausserhofer

Christian Calliess ist Professor für Öffentliches Recht und Europarecht sowie Inhaber des Jean-Monnet-Lehrstuhls für Europäische Integration.

Christian Calliess ist Professor für Öffentliches Recht und Europarecht sowie Inhaber des Jean-Monnet-Lehrstuhls für Europäische Integration.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Herbert Scheithauer ist Professor für Entwicklungspsychologie und Klinische Psychologie.

Herbert Scheithauer ist Professor für Entwicklungspsychologie und Klinische Psychologie.
Bildquelle: Jan Hambura

Prof. Dr. Miranda Schreurs
Arbeitsgruppe „Nachhaltiges Wirtschaften und Wachstum“

Miranda Schreurs ist Professorin für Vergleichende Politikwissenschaft und Leiterin des Forschungszentrums für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität. Die US-Amerikanerin forschte und lehrte an der Harvard University, der Utrecht University und mehreren japanischen Universitäten. 2008 wurde Miranda Schreurs in den Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) des Bundesumweltministeriums berufen

„Wir hinterlassen nachfolgenden Generationen einen Planeten mit weniger Ressourcen und biologischer Vielfalt, aber möglicherweise weit mehr extremen klimatischen Bedingungen. Das frustrierend langsame Tempo der internationalen Verhandlungen über Umweltpolitik und die Tendenz der Staaten, sich nur auf kleinste gemeinsame Nenner zu einigen, machen deutlich: Wir brauchen dringend starke nationale Initiativen für den Schutz der biologischen Vielfalt und einen Wandel hin zur Nachhaltigkeit. Deutschland kann weltweit führend werden bei der Entwicklung einer grünen Wirtschaft und einer innovativen Energiepolitik. Die Gesellschaft sollte auf eine Zukunft ohne Atomkraft und weniger Ausstoß von Kohlenstoffdioxid setzen, und die Wirtschaft muss künftig innerhalb der ökologischen Grenzen unseres Planeten arbeiten.“

Kontakt: Freie Universität Berlin, Forschungszentrum für Umweltpolitik, E-Mail: miranda.schreurs@fu-berlin.de


Prof. Dr. Christian Calliess Arbeitsgruppe
„Nachhaltiges Wirtschaften und Wachstum“

Christian Calliess ist Professor für Öffentliches Recht und Europarecht sowie Inhaber des von der Europäischen Union verliehenen Jean-Monnet- Lehrstuhls für Europäische Integration. Der Richter im Nebenamt am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ist Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) und war beratend in der Nanokommission der Bundesregierung tätig.

„Beim Thema Nachhaltigkeit lassen sich drei Herausforderungen erkennen: die Gewährleistung von Langzeitverantwortung, Generationengerechtigkeit und Ressourcenvorsorge. Um diese Herausforderungen bewältigen zu können, ist aus meiner Sicht eine in der Verfassung verankerte Gesetzesfolgenprüfung erforderlich – also eine Art Nachhaltigkeitsverträglichkeitsprüfung politischer Maßnahmen. Durch sie können im politischen Raum bislang vermiedene konkrete Auseinandersetzungen und Debatten über nachhaltiges Wirtschaften und Wachstum erzwungen werden. Besondere Aufmerksamkeit verdienen der Abbau umweltschädlicher Subventionen, das Setzen ökonomischer und rechtlicher Anreize für eine effiziente Nutzung von Ressourcen sowie die Etablierung von Managementsystemen für Nachhaltigkeit in der Gesellschaft, nicht zuletzt durch Information und Partizipation.“

Kontakt: Freie Universität Berlin, Fachbereich Rechtswissenschaft, E-Mail: europarecht@fu-berlin.de


Prof. Dr. Herbert Scheithauer
Arbeitsgruppe „Kriminalität und Sicherheit“

Herbert Scheithauer ist Professor für Entwicklungspsychologie und Klinische Psychologie am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität. Er hat bundesweite Initiativen etwa gegen Gewalt an Schulen angestoßen und zählt seit 2008 zum Expertenkreis des Bundesinnenministeriums und des Bundesfamilienministeriums im Schwerpunkt „Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Deutschland“.

„Wir werden Lösungen im Umgang mit Sicherheitsrisiken finden müssen, die durch die Nutzung neuer Medien entstehen, beispielsweise Cyberkriminalität und Cybermobbing. Das subjektive Sicherheitsgefühl vieler Menschen entspricht nicht der objektiven Sicherheitslage: Viele haben Angst vor Kriminalität. Wir alle sind gefragt, unsere soziale Verantwortung wahrzunehmen, uns sozial zu engagieren und zivilcouragiert zu handeln. In einer starken sozialen Gemeinschaft fühlen wir uns nicht nur sicherer, wir sind es auch. Es muss uns gelingen, bereits früh im Leben von Menschen den Erwerb wichtiger sozialer und moralischer Kompetenzen zu fördern. Gesellschaftspolitisch gesehen sollten ein „soziales Miteinander“ und ein gesellschaftlicher Zusammenhalt als besonders erstrebenswerte Ziele gelten und als solche vermittelt werden.“

Kontakt: Freie Universität Berlin, Arbeitsbereich Entwicklungswissenschaft & Angewandte Entwicklungspsychologie, E-Mail: herbert.scheithauer@fu-berlin.de