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Festvortrag von Prof. Dr. Susanne Baer, LL.M. (Michigan), Richterin des Bundesverfassungsgerichts, anlässlich des Gründungsjubiläums der Freien Universität Berlin am 2. Dezember 2022:


Nicht nur libertas und veritas, auch iustitia. Zur Freiheit der Wissenschaft heute.

Festvortrag an der Freien Universität Berlin 2.12.2022

Susanne Baer

Am Anfang steht die Gratulation an die jungen Forschenden – und ich hoffe, dass Sie bereichernde Erfahrungen gemacht haben: die Erfahrung der Freiheit, die Erfahrung der Wahrheit, die Erfahrung der Gerechtigkeit. Ich hoffe auch, dass Sie das mitnehmen an die Orte, an denen Sie künftig tätig sein werden: dass sie die Freiheit genießen – und verteidigen, dass sie die Wahrheit aussprechen, Erkenntnisse erklären – und sie verteidigen, und dass sie Gerechtigkeit erfahren, diese selbst leben – und auch sie verteidigen.

Denn darüber will ich sprechen: was Freiheit, Wahrheit und Gerechtigkeit heute bedeuten – die libertas, veritas und iustitia, die im Siegel der FU Berlin verankert sind. Ich will das nutzen, um für die Institution Universität zu werben, weil das auch Werbung für den demokratischen Verfassungsstaat ist, also für die Demokratie, die diesen Namen verdient. Es kursieren ja Vorschläge, den Begriff zu kapern – und das darf nicht sein. Was sein muss: Wissenschaft, Aufklärung im besten Sinne, also kritische Reflektion, Streit, Aushalten von Differenz. Aber nicht: Destruktion, Manipulation, Attacke. Wir leben insofern in einer herausfordernden Zeit – und Sie müssen sich, wir müssen uns einbringen!

Ich werde zunächst versuchen, die Herausforderungen zu schildern: Wie steht es um die Wissenschaft heute? Vor diesem Hintergrund will ich dann fragen, was die drei Leitbegriffe im Siegel der FU heute bedeuten: libertasiustitiaveritas, welche Aufgabe die Universität also heute hat. Was bedeutet Freiheit heute hier eigentlich genau? Was ist Wahrheit heute? Wieso ist für die Universität Gerechtigkeit so wichtig? Und warum haben wir da alle einiges – eher sogar: eine ganze Menge – zu tun.

Herausforderungen

Wir haben Sorgen. Deshalb wird die Universität dringend gebraucht, die Wissenschaft dringend benötigt. Sie muss nicht nur spannende Erkenntnisse liefern, sondern sie muss, kurz gesagt, auf das Wissen aufpassen – auf die veritas, die Wahrheit. Das braucht es heute dringend, um diejenige Demokratie zu stützen und notfalls zu verteidigen, die ihren Namen als demokratischer Rechts- und Verfassungsstaat verdient. Denn es ist alles andere als zufällig, dass nicht nur politische Verhältnisse, sondern gerade und gezielt auch Wissen und Wissenschaft erheblich unter Druck geraten sind.

Denken Sie jetzt an Monetarisierung, Metrisierung, Wettbewerb und Unternehmertum, Prüfungslasten und Bürokratie? Das ist in Ordnung. Auch da gibt es Sorgen, und da lässt sich viel verbessern. Aber das greift zu kurz. Es hat sich Grundlegenderes verschoben.

Tatsächlich muss die Grundausstattung der Hochschulen besser werden, um unsere Gesellschaft in die extrem beschleunigte Entwicklung der digitalen, vernetzten, entgrenzten, extremer als je zuvor auf Wissen angewiesenen Zukunft zu führen.

Tatsächlich sind weiter gute Ideen gefragt, um Qualität in Forschung und Lehre verständig zu sichern, Mittel fair zu verteilen, jungen Forschenden vorurteilsfrei Raum zu geben, tatsächlich vorurteilsfrei diverse Teams zu pflegen und das Abenteuer Forschung zu honorieren.

Tatsächlich ist die Lehre unbedingt weiter zu entwickeln. Die Einheit von Forschung und Lehre will nicht nur beschworen, sondern sie will gelebt werden. Lehre ist keine Zumutung, sondern Daueraufgabe, wirklich forschend zu lehren und zu lernen.

Doch die Herausforderungen sind größer. Die Universität selbst steht als Ort der Wissenschaft unter Druck. Und das Wissen selbst steht zur Disposition; es ist prekär geworden. Die Zeichen dafür finden sich überall.

Wir sehen das in der politischen Öffentlichkeit: Der Qualitätsjournalismus wird gemieden, denunziert oder direkt attackiert. Tatsächlich oft asozialen Medien wird gefolgt. Blasen ersetzen Debatten. Und Tabubruch und Beleidigung „trenden“ eher als Fakten und Argumente.

Wir sehen das in Polemiken gegen angebliche „Eliten“, von der „Lügenpresse“ über die „Systemparteien“ bis zu „selbsternannten Experten“. Da wird Wissenschaft per se diskreditiert.

Wir sehen das in der weit verbreiteten Lüge. Da heißt es, der Klimawandel habe „mit unserem Verhalten nichts zu tun“, oder Corona sei „nur eine leichte Grippe“, oder Wahlergebnisse in den USA oder Brasilien seien „gestohlen“. Und so weiter und so fort.

Schließlich zeigt sich der prekäre Stand von Wissen – von veritas – bei den Angriffen auf die Wissenschaft selbst: Da wird „Bildung“ nicht nur belächelt, sondern als elitär denunziert. Da wird politisch mit dem Slogan „Mut zur Wahrheit“ operiert. Da werden wissenschaftliche Studien als „Pseudoforschung zur Verblödung der Massen“ denunziert. Da wird zum „Widerstand“ aufgerufen, wieder gegen „Systemparteien“ und „Eliten“, aber eben auch gegen Wissenschaft. Da wird eine „alternative“ Wahrheit präsentiert.

Das mag Ihnen nicht alles direkt vor Augen stehen. Vielleicht lesen Sie – hoffentlich! – Zeitungen, sehen öffentlich-rechtliche Nachrichten, hören Radio. Aber im Netz und in den Leitmedien der Neuen Rechten und in Parlamenten, in denen sie vertreten sind, ist das anders. Dort richtet sich die Arbeit gegen Wissen und Wissenschaft an sich, als Grundlage unseres Zusammenlebens in einer Demokratie. Und auch dafür gibt es erschreckend viele Beispiele.

In den USA wurde vom vorherigen Präsidenten entschieden, in Brasilien tat es die letzte Regierung, und in Deutschland wurde gefordert, Mittel für Forschung, und insbesondere für Klimaforschung, zu streichen. Ungarn hat die Central European University aus Budapest vertrieben; Russland hat der Europäischen Universität in Sankt Petersburg vorübergehend die Lizenz entzogen und Forschungsinstitute in Moskau geschlossen. In der Türkei wurden Tausende verhaftet oder mit Verhaftung bedroht, und Berufsverbote für Wissenschaft, die ihren Namen verdient, sind nicht mehr Ausnahme, sondern ein Regelfall. Auch im Deutschen Bundestag und in Landesparlamenten wird immer wieder beantragt, ungewollte Forschung abzuschaffen. Dabei trifft es die Gender Studies oft zuerst, aber es geht um Wissenschaft insgesamt. Die Demontage beginnt bei den Jungen und Schwachen in der Wissenschaft und nutzt strategisch clever weit verbreitetes Ressentiment. Aber das ist nur der Auftakt zum Ende der Freiheit. Immer öfter werden auch andere „Intellektuelle“ diffamiert und „selbst ernannte“, also angeblich per se nicht legitimierte „Experten“ auch persönlich angegriffen; die Zeitschrift Nature berichtete 2021, die Angriffe auf Forschende ad personam hätten im Laufe der Covid-Pandemie extrem zugenommen.[1] Der Academic Freedom Index zeigt, dass weniger akademische Freiheit mit mehr Autokratisierung einhergeht.[2] Das hat in Deutschland eine erschreckende Geschichte, in der nicht zuletzt Antisemitismus eine Rolle spielt. In Ungarn ist er wieder ganz lebendig.[3] Und nicht nur dort.

Die Angriffe waren damals und sind heute strategisch orchestriert. Besonders häufig zielt Diffamierung daher auf die, gegen die sich allgemein Vorurteile mobilisieren lassen – auch im eigenen Hinterkopf, realistisch betrachtet: auch bei Ihnen! Zum Beispiel: „Gender-Professorinnen“. Was – oder wen – assoziieren Sie? Ist das Wissenschaft – und würden Sie sie verteidigen? Ist das Forschung – oder übertriebene Aufregung? Gehört das an die Universität – oder weg?

Ein anderes Beispiel ist die Antirassismus-Forschung. Woran denken Sie da? Ist das Wissenschaft – oder doch Politik? In den USA sind zentrale Werke der Critical Race Theory aus Bibliotheken verbannt worden; die New Yorker Brooklyn Public Library stellt sie dafür online ins Netz – da geschieht etwas, und da können, da müssen wir etwas tun.

Neben der Klima-Forschung sind zuletzt vor allem Virologen denunziert worden. Und fragen Sie sich ganz ehrlich: Vertrauen Sie deren Aussagen – noch, oder wieder?[4] Oder waren die Angriffe während der Corona-Pandemie erfolgreich – und haben auch bei Ihnen Zweifel gesät?  

Die Attacken auf Wissenschaft sind nicht ganz neu. Auch hier ist die Gender-Forschung ein Beispiel. Dieser Fortschritt in der Wissenschaft, auch selbstkritisch blinde Flecken zu beseitigen, wurde von Anfang an als unwissenschaftlich denunziert. Frauenforschung galt als partikular, einseitig, subjektiv – auch wenn sie dazu geführt hat, Spracherkennungssoftware praxistauglich zu machen, archäologische Knochenfunde genauer zu bestimmen, mittelbar diskriminierende Regeln zu identifizieren, in der Medizin Prothesen exakter zu bauen, usw. usf.[5] Aber klar – in der Frauenforschung forschten Frauen, und auch in der heutigen Gender-Forschung – also der wissenschaftlichen Arbeit zu Geschlechterverhältnissen, einschließlich unterschiedlicher Konzepte und Praxen von Männlichkeit und einschließlich der Einbettung von Geschlechterfragen in andere Ungleichheiten – der Herkunft, des Alters, der Lebensweise usw. – forschen überwiegend Frauen. Sind die nicht – Hand aufs Herz! - doch schnell emotional, nicht nur rational, ein bisschen einseitig, nicht so umfassend orientiert, oft auch – wie soll ich sagen …: schwierig, zwar für die Wissenschaft geeignet, aber … unter uns gesagt: nur manchmal für die Spitze, eher praktisch, nicht so für die ganz großen Fragen. Das zeigen ja auch die Nobelpreise …

Gehen Sie simplen Ressentiments bitte nicht auf den Leim!

Entscheidend ist auch hier der Unterschied zwischen destruktiver Attacke und konstruktiver Kritik. Die destruktive Attacke zielt darauf, Wissenschaft insgesamt zu diskreditieren – sie fängt bei den Gender Studies an, endet aber nicht bei ihnen. Demgegenüber stellen wissenschaftliche kritische Ansätze durchaus die „Wahrheit“ in Frage, aber nicht destruktiv, sondern konstruktiv. Und gerade an der FU Berlin steht das im Stammbuch: Konstruktiv war in den 1968ern die Kritik am „Muff unter den Talaren“. Konstruktiv war die Kritik der Frauenforschung – unter anderem am OSI der FU Berlin – am männlich einseitigen Kanon. Konstruktiv ist in der Postmoderne die Kritik der Dekonstruktion einer Aufklärung, die ihre Versprechen nicht gehalten hat. Und konstruktiv ist auch heute der Protest gegen Gäste oder Angehörige der Universität, die nicht wissenschaftlich arbeiten, sondern Ideologie verbreiten. Nicht immer überzeugt die Form der Kritik. Aber Kritik ist das Ziel, nicht Zerstörung. Die Wissenschaftsfreiheit war und ist so kritisch gemeint.

An der weit verbreiteten Rede von der „cancel culture“, der „political correctness“ und der „wokeness“ lässt sich allerdings ablesen, wie erfolgreich die destruktiven Attacken sind. Was konstruktiv verbessern soll, wird destruktiv diffamiert. Das ist eine rechtspopulistische Falle, in die derzeit leider viele tappen. Bevor Sie das Schlagwort benutzen: Schauen Sie genau hin, was dort geschieht: Zensur – oder kritische Gegenrede? Redeverbot – oder Auseinandersetzung um die Grenze zwischen Forschung und Ideologie? Wer spricht da aus welcher Position – und wer darf, kann, wird auch danach noch weiter sprechen und Gehör finden?

Tappen Sie jedenfalls nicht in diese strategisch gestellte Falle. Sondern setzen Sie sich für Wissenschaft ein.

Das ist dringend erforderlich. Denn tatsächlich gibt es eine „ernste Wahrheitskrise“[6]. Die heutige Mischung aus Demagogie, gezielter Fehlinformation und alltagstauglichen alternativen Glaubenssätzen, die Feier des Vorurteils und die gezielte Dämonisierung der Anderen – auch als Leute, die angeblich zensieren wollen –, der strategische Einsatz der Fälschung und der Lüge in den Echokammern zersplitterter Öffentlichkeiten – all das macht die veritas prekär. Genau da geht es um die libertas, die Freiheit. Und insgesamt steht damit die iustitia, die Gerechtigkeit in einer demokratisch-rechtsstaatlichen Gesellschaft, zur Disposition.

Die heutigen Angriffe auf die Wissenschaft, auf rationales Wissen, auf Reflektion und Komplexität, auf die kritische Frage anstelle der schnellen Antwort – sie reichen damit weit über die Universität hinaus. Sie sind zutiefst politisch, nicht weil sie aus der Politik kommen, sondern weil sie die Funktion der Wissenschaft als Baustein einer demokratischen Gesellschaft infrage stellen. Damit sind wir wieder beim Siegel der FU Berlin – libertas, veritas, iustitia. Was bedeutet das heute?

Libertas

Die Freiheit. Verfassungsrechtlich ist die Sache klar: Hier handelt es sich (das hat das Bundesverfassungsgericht sehr früh erklärt) nicht um die Freiheit des isolierten Individuums, sondern um Freiheit in Gesellschaft, und diese Freiheit ist also nicht grenzenlos; sie ist je spezifisch gebunden – als allgemeines Persönlichkeitsrecht zum Schutz der Identität nach Artikel 2 und 1 des Grundgesetzes, als Handlungsfreiheit nach Artikel 2, als Glaubensfreiheit (4), als Meinungsfreiheit, Medienfreiheit, Freiheit der Kunst (5) und als Freiheit der Wissenschaft – Artikel 5 Absatz 3 GG.

Bislang – seit dem 19. Jahrhundert, auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[7] – war auch klar: Der Ort dieser freien Wissenschaft ist die Universität. Dafür muss der Staat sorgen, und in sie darf er nicht wissenschaftsgefährdend eingreifen, auch nicht durch Hochschulreformgesetze. Denn die Universität sorgt wissenschaftsbasiert für Bildung (nicht nur Ausbildung), und es gibt zwar Spielräume für Hochschulpolitik, aber der wissenschaftliche Eigensinn muss dominieren, gespeist aus allen Fächern (in Gremien) und klug geleitet (durch Präsidien, Dekanate). Die Universität pflegt (eine Idee aus dem 19. Jahrhundert) die Einheit von Forschung und Lehre, mit Schleiermacher und anderen „die Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden“, klassisch im Seminar. Und 1946 hat Karl Jaspers zur Idee der Universität so schön formuliert: Sie soll und kann „die Wahrheit lehren unabhängig von Wünschen und Weisungen, die sie … beschränken wollen“, in einer einzigartigen Schule, weil die Schüler teilnehmen.[8]

Diese Idee prägte 1948 auch den Aufruf zur Gründung der FU Berlin. Nachdem Louise Schröder mit dem Magistrat die Weiche gestellt hatte, formulierten die zehn Männer, inclusive Ernst Reuter: Dozenten sollten „frei von Furcht“, „ohne einseitige Bindung“ die „Ehrlichkeit und Selbständigkeit von Forschung und Lehre bewahren“; die Universität sollte eine „unabhängige Stätte für wissenschaftliche Ausbildung“ sein. Das wurde das „Berliner Modell“: eine selbstständige rechtliche Einheit zugunsten der Freiheit, mit Autonomie. Aber diese ist eben nicht Egoprogramm und unbeschränkt, sondern situiert und daher gebunden.

Freiheit war und ist ja nicht nur hier in aller Munde. Aber da gibt es auch ein großes Missverständnis. Es durchzog den Streit um die Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie: Dort wurde oft besonders lautstark die eigene Freiheit eingefordert, sich nichts vorschreiben zu lassen, gegen die Maske, die Kontaktbeschränkung, den Impfnachweis für die, die Alte und Kranke pflegen. Und es hieß, die Grundrechte seien „außer Kraft gesetzt“, wenn diese Freiheit begrenzt werde. Genauso wird sehr laut beklagt, die Freiheit sei bedroht, wenn eine Vorlesung kritisiert wird, weil sie einen kolonialen oder sonst überkommenen Kanon lehrt. Oder man nehme Leuten die Freiheit, wenn sie nicht mehr unkritisiert vortragen dürfen.

Diese Anrufungen der Freiheit beruhen jedoch, wenn sie sich auf Grundrechte stützen wollen, auf einem Irrtum. Sie verzerren auch die Geschichte der Freiheit der Wissenschaft und der Universität. Denn sie propagieren eine Vorstellung von natürlicher Freiheit, unbeschränkt, ganz meine. Das ist eine schöne Idee. Aber mit der Freiheit des Grundgesetzes – und gerade auch mit der Wissenschaftsfreiheit – darf das nicht verwechselt werden.

Genau das geschieht aber auch bei der Wissenschaft. Zur natürlichen Freiheit passt Wissensdurst als naturbelassenes, allzu menschlich-physiologisches Bedürfnis. Von Aristoteles über Aquin oder Spinoza haben sich Philosophen da auf eine natürlich-anthropologische Konstante berufen, die den Menschen zur Forschung treibt. Das mag so sein. Und schön ist es auch. Aber ein biochemisch-hormonelles Bedürfnis ist nicht das Thema einer Verfassung und der internationalen Verträge, die Freiheit – auch Wissenschaftsfreiheit – als Grund- und Menschenrecht schützen, weil sie austariert werden muss, in Gesellschaft. Wissensdurst führt auch nicht dazu, dass die Gesellschaft eine Universität finanziert, an der lehrend Forschende und forschend Lernende und all diejenigen tätig sind, die dieses komplexe Gebilde am Laufen halten, und so viele studieren. Eine nur individuell-anthropologische Begründung der Wissenschaftsfreiheit trägt das nicht.

Der libertas liegt hier eine andere Vorstellung zugrunde – nicht Egoprogramm, sondern gesellschaftlich situiert, und in diesem Sinne: politisch. Freiheit ist gerade auch hier Freiheit in Gesellschaft. Und in der heutigen Gesellschaft der vielfach Verschiedenen braucht es Mechanismen, um angemessen zu handeln, um unterschiedliche Interessen zum Ausgleich zu bringen, um Freiheit miteinander – nicht auf Kosten voneinander – leben zu können. Die Wissenschaftsfreiheit als Grund- und Menschenrecht lässt sich insofern als Freiheit in kritischer Gesellschaft verstehen. Im O-Ton des Bundesverfassungsgerichts heißt es: „Die Wissenschaftsfreiheit kann, wie andere vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte, aufgrund von kollidierendem Verfassungsrecht beschränkt werden.“[9] Beschränkung also nicht einfach so, sondern nur aus guten Gründen, weil keine Freiheit für sich steht.

Und die Universität ist in diesem Sinn als „freie“ autonome Einrichtung verfassungsrechtlich nicht geschützt, um allein den ganz eigenen Vorstellungen zu folgen. Geschützt ist sie, sogar institutionell gesichert, weil es sie braucht, um in Gesellschaft friedlich miteinander auszukommen. Das ist ihr Beitrag zur Demokratie, und deshalb gehört die Garantie zur Verfassungsstaatlichkeit. Denn diese Demokratie ist nicht irgendeine Mehrheits- oder gar ethnisierte Volksherrschaft, keine Befehlsgewalt mit mehr oder minder versorgten Untertanen. Die Demokratie des Grundgesetzes als einer typischen Verfassung nach 1945, also der demokratische Verfassungsstaat, ist vielmehr rechtsstaatlich gebundene Herrschaft wechselnder Mehrheiten, die Minderheiten achten müssen. Damit lebt sie von möglichst gut begründeten Entscheidungen. Also benötigt sie das Wissen, das Wissenschaft schafft. Und sie braucht die Übung im Dissens.

Etwas plakativ gesprochen: Die Universität ist nicht mühsames Geschäft, Prüfungstournee, Elfenbeinturm oder Mittelverwaltungsbürokratiemonster. Sondern die Universität ist die Einrichtung – und damit die Chance – streitend miteinander umzugehen, um gute Gründe zu finden für das, was dann gilt. Die libertas ist hier geschützt, um weitgehend Ihnen zu überlassen, wie sie diese Chance zugunsten der veritas nutzen wollen. Aber die Funktion dieser libertas ist der Beitrag zum großen Ganzen – und da ist ein Bezug zur iustitia.

Das ist Verfassungsrecht. Und das ist Ideengeschichte. Der Aufklärer Immanuel Kant ging davon aus: Die Wahrheit kommt ohne Wissenschaft „zum Schaden der Regierung selbst … nicht an den Tag“; Regierungen müssten daher zwingend die Wissenschaft „nicht schwinden oder verstummen, sondern öffentlich sprechen lassen“.[10] Kurz davor hat Condorcet in Frankreich vehement dafür plädiert, die Wissenschaft als Freiheit der Kritik und des Widerspruchs zu schützen, vor allem zur Zerstörung der Vorurteile und zur Wiederaufrichtung der menschlichen Intelligenz. John Adams betonte in Amerika: „Liberty cannot be preserved without a general knowledge among the people“,[11] und für James Madison war eine Regierung ohne Information das Vorspiel zu Farce oder Tragödie, hingegen Menschen mit der Macht des Wissens die Grundlage der Demokratie.

Auch heute ist die Freiheit der Wissenschaft zentral – als reflektierte Freiheit (verfassungsrechtlich ist daher auch eine Zivilklausel in Ordnung, die zum Nachdenken darüber zwingt, wie sich eine Hochschule am Militär beteiligt), um nicht zuletzt tribales Ego durch Expertise zu ersetzen, um zu verstehen und zu leben, wie Freiheit miteinander funktioniert, gerade wenn und weil wir unterschiedlich sind. Die Universität ermöglicht das und dient dazu. Und diese Freiheit auch der Kritik – nicht aber der Attacke! – ist zu schützen, sie muss sich selbst schützen, und wir alle sind zu ihrer Verteidigung aufgerufen.

Überlassen Sie das bitte nicht allein dem Bundesverfassungsgericht! Ich habe meinen Eid darauf geleistet, aber das Grundgesetz gehört Ihnen! Und engagieren Sie sich gerade auch dann, wenn Forschende angegriffen werden, deren Auffassung Sie nicht teilen. Gehen Sie also dem Ressentiment und den Demontage-Strategien nicht auf den Leim. Denn – so wieder das Gründungsdokument der FU Berlin – es geht um Wissenschaft „frei von Furcht“. Das ist nicht nur Furcht vor zu wenig Ausstattung oder vor zu viel politischer Steuerung. Schon gar nicht ist das eine Freiheit von Furcht vor Kritik – die muss sein, die gehört dazu. Gemeint war damals, und eminent wichtig ist heute: Wissenschaft frei von Repression, Diskriminierung und Diffamierung. Der Unterschied ist entscheidend. Und da haben alle zu tun!

Veritas

Wie steht es heute um die Wahrheit, die veritas? Das schien lange klar, vor allem klärend, aufklärend. Doch die Wahrheit steht – wie skizziert - unter Druck, wird attackiert und fragmentiert, ist dringend zu schützen und zu revitalisieren.

Im Aufruf zur Gründung der FU heißt es: Eine freie Universität möge „unterstützen, wer sich im Geiste der Freiheit und der Wahrheit verpflichtet fühlt.“ Das ist heute – in der Wahrheitskrise nicht etwa einer Wissensgesellschaft, sondern einer Zweifelsgesellschaft – besonders wichtig. Die Universität ist der Ort, wo zwischen Wahrheit und Lüge unterschieden werden muss, zwischen Kritik und Attacke, und wo sich üben lässt, wie sich miteinander streiten lässt.

Auch dazu finden sich in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Spuren: Die Wissenschaftsfreiheit schützt nicht Beliebigkeit und nichts Abseitiges. Sondern Wissenschaft ist „ein grundsätzlich von Fremdbestimmung freier Bereich autonomer Verantwortung“[12] nur für „die auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei der Suche nach Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe“[13]. Daraus folgt: Wer fälscht oder sonst betrügt, hat in der Wissenschaft nichts verloren, weshalb auch der Titel entzogen werden darf.

Hochschulpolitisch geht mit der Bindung an Wahrheit die Aufgabe für die Universitäten einher, das Wissen zu vermitteln und die Kompetenz einzuüben, zwischen Lüge und Wahrheit, Attacke und Kritik zu unterscheiden. Sie braucht, so Ronald Daniels in einem eindrücklichen Plädoyer für die Universität in der Demokratie eine „openness with a guardrail“, Offenheit mit Geländer.[14] Und das ist nicht das Geländer, ohne das Hannah Arendt denken wollte (der Zwang der Schulen, die akademische Konvention). Heute braucht es Offenheit im wechselseitigen Respekt, in Freiheit von Furcht, in der Verpflichtung nicht auf die eine eigene, sondern auf eine geteilte, begründbare, fortlaufend zu suchende Wahrheit.

Das bedeutet: Universitäten sollten Kontroversen nicht verbannen oder beschweigen, sondern müssen sie austragen, damit wir mit ihnen umgehen können. Aber gerade die Universität sollte nicht so tun, als wäre alles Wissenschaft, Wahrheit, Erkenntnis. Lüge und Beleidigung, Ideologie und Diffamierung müssen erkannt und als solche benannt werden, und haben als angeblicher Beitrag zur Wissenschaft hier nichts zu suchen. Sie sind Gegenstand der Forschung, können die Freiheit aber nicht als uneingeschränkte Befugnis für sich selbst in Anspruch nehmen. Und diese Unterscheidungen sind im konkreten Konflikt nicht einfach. Da haben wir alle eine Menge zu tun.

Schließlich: Iustitia

Die Gerechtigkeit liegt oft nicht so nahe, wenn es um Wissenschaft und Hochschulen geht. Freiheit? Klar. Wahrheit? Jedenfalls. Aber Gerechtigkeit? Überfordert das nicht die Universität? Sind dafür nicht andere da - die Justiz, das Bundesverfassungsgericht, die Politik, wer immer? Die Antwort lautet: iustitia ist hier genau richtig. Das Siegel der FU hat Recht. Denn wenn die Wissenschaftsfreiheit zutreffend nicht als natürliche, sondern als politische Freiheit verstanden wird, gehört iustitia dazu.

Was aber bedeutet das dritte Element des Siegels der FU Berlin für die Wissenschaft, für Universitäten im Lichte der Herausforderungen heute?

Ich will hier nur auf zwei wichtige Dimensionen eingehen: den Zugang zur Universität, er muss, so das Bundesverfassungsgericht, „chancengerecht“ sein, und den Umgang miteinander in der Universität: zum Einüben einer fundamentalen demokratischen Kompetenz.

Für das Verfassungsrecht ist das wieder klar. So hat das Bundesverfassungsgericht in Entscheidungen zum Numerus Clausus – zuletzt 2017, erneut zur Medizin – nochmals klargestellt: Es gibt ein Recht auf gleiche Teilhabe am staatlichen Studienangebot und damit einen derivativen Anspruch auf gleichheitsgerechte Zulassung zum Studium ihrer Wahl, nach dem Kriterium der Eignung, nach nur solchen Maßstäben und in einem Verfahren, das chancenoffen ist und jeder Gefahr der Diskriminierung entgegentritt.[15] Und in der Entscheidung zu Studiengebühren in Bremen 2013 wird erklärt: Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Studienangebote, muss er den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten.[16] Aus diesem Teilhaberecht resultiert kein Anspruch auf Kostenfreiheit des Hochschulstudiums – das lässt Raum für Hochschulpolitik –, doch dürfen Gebühren für ein Studium nicht prohibitiv wirken und müssen sozial verträglich ausgestaltet sein.

Genau das ist angesichts der Herausforderungen heute auch dringend: Dem Vorwurf des Elitären sollte niemand Futter geben. Und möglichst viele sollten unterscheiden können zwischen Lüge und Wahrheit. Darauf folgt: Wir müssen fortlaufend dafür sorgen, dass tatsächlich diejenigen zum Studium zugelassen werden, die dafür geeignet erscheinen – unabhängig von der sozialen Lage der Eltern, vom Vornamen, vom Wohnort, von der Schule, der Herkunft. Und wir müssen dafür sorgen, dass tatsächlich diejenigen gefördert werden, Preise erhalten, weiterkommen, die gut sind – innovativ, mutig, genau –, ohne Vorurteile.

Und ja: auch Frauen.

Es ist so ermüdend wie erschütternd, aber für Frauen ist Chancengleichheit immer noch nicht erreicht. Und tun Sie das bitte nicht als feministische Fixierung ab. Die Hochschulrektorenkonferenz hat sich im November 2022 ausdrücklich „besorgt“ gezeigt über die Stagnation bei der Gleichstellung in der Wissenschaft – kluge Frauen bleiben immer noch außen vor. Es heißt, die Wissenschaft benötige einen „umfassenden Kulturwandel“. Genau darauf zielt auch das Gleichstellungskonzept der FU 2021-2026: You‘ve got work to do. Und Sie sind damit nicht allein: Auch die ehrwürdige Wissenschaftsakademie Leopoldina hat im September 2022 eine Stellungnahme zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft abgegeben. Hoffentlich machen die Beteiligten das alle selbst. Und hoffentlich gelingt es auch Ihnen.

Damit ist es aber auch nicht getan.

Gefordert ist selbstverständlich auch Chancengleichheit für andere „Andere“. Das wird in der Gender-Forschung seit langem als intersektionale Ungleichheit untersucht. Es ist für Gerechtigkeit in der Wissenschaft wichtig. Genauer gesagt: Es ist für unsere Zukunft unverzichtbar. Den Zugang zur Wissenschaft müssen wir wirklich all denen eröffnen, die strukturell höhere Hürden nehmen müssen. In Deutschland sind solche Hürden: sichtbarer Migrationshintergrund, der bildungsferne Vorname, die Ersten in der Familie usw. usf. Und für die klugen Menschen aus dem Ausland bedeutet es: Wir müssen die aufnehmen, die vertrieben werden oder fliehen – aus China, Russland, Iran, Afghanistan, Syrien, Libyen ff. –, aber nicht nur als Akt der Gnade und des Mitleids, sondern auf Augenhöhe[17] – auch das ist iustitia, und „frei von Furcht“ – in der Wissenschaft, in einer für alle „freien“ Universität.

Die zweite Dimension dieser gerechten, chancenoffenen Freiheit ist der Umgang miteinander. Im Aufruf zur Gründung der FU Berlin heißt es: Es brauche eine freie Universität, damit sich Studierende „im Sinne echter Demokratie frei zur Persönlichkeit entfalten“ können. Das sind heute über 40.000 Menschen, Studierende, Mitarbeitende, Professor*innen. Und nie waren sie so divers wie heute. Was bedeutet insofern Gerechtigkeit, iustitia, im Lichte der Herausforderungen?

Die Universität ist der Ort, um produktiven Umgang miteinander einzuüben: fair, im Respekt vor der Gegenthese, dem anderen Argument, vielleicht auch mal: nicht schon wissend, sondern vorsichtig, tastend, fragend. Und: Diffamierung, Lüge und Attacke haben hier keinen Raum, damit alle hören und sprechen, lehren und lernen können, aber Differenz, Infragestellung und Kritik – die müssen sein. Streiten muss sein – und will gelernt sein. Dafür muss die Universität Sorge tragen. Oder, mit dem damaligen Präsidenten der USA John F. Kennedy in Berlin 1963: „The Free University must be interested in turning out citizens of the world".[18]

Das tut sie, weil und wenn die Universität der Ort der Kompetenz ist, um zu unterscheiden zwischen Ideologie und Innovation, zwischen Attacke und Kritik, zwischen Lüge und Wahrheit. Nur zur Klarstellung: Da wird nicht „gecancelt“, sondern differenziert, und da geht die Universität den verdrehten Vorwürfen der – so sehr klug Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey - „gekränkten Freiheit“[19] nicht mehr auf den Leim. Vielmehr ist die Universität der „soziale Lebensort“, an dem eingeübt, an dem erfahren werden kann und sollte, wie Streit funktioniert, im Respekt voreinander.

Mit einem solchen Einsatz für Freiheit zugunsten der Demokratie, für reflektierte Wahrheit, für Gerechtigkeit stehen Sie nicht allein. Horkheimer hat 1952 über die Universität gesagt, „dass man in ihr leidenschaftlicher ums Ganze bemüht und freier von Illusionen ist als anderswo“, weil hier alle glauben, „die Welt menschlich einrichten zu können“.[20] Viel schlichter durchzieht der Gedanke die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Wissenschaftsfreiheit nach Artikel 5 Absatz 3 GG. Da das deutsche Verfassungsrecht heute international eingebettet ist, gilt das auch im Verfassungs- und Gerichtsverbund der Europäischen Union: Artikel 13 der Grundrechtecharta garantiert: „Kunst und Forschung sind frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.“ Und global haben sich die demokratischen Staaten der Welt darauf seit langem geeinigt: In den Vereinten Nationen verspricht Artikel 13 Absatz 2 c des Internationalen Pakts für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte den Zugang zur Hochschule und Artikel 15 Absatz 1 a des Paktes das Recht für alle, am wissenschaftlichen Fortschritt teilzuhaben.

Demokratie studieren - für alle.

Die Orientierung an libertas, veritas und iustitia darf ruhig praktisch werden: So hat der Europarat eine Charta zur Politischen Bildung und Menschenrechtsbildung verabschiedet, zwecks „Education for Democratic Citizenship“.[21] Ronald Daniels, Präsident der Johns Hopkins University, einer der weltweit größten Forschungsuniversitäten, schlägt vor, in der Hochschule ein „democracy requirement“ für alle einzubauen. Und John F. Kennedy dachte schon früh in diese Richtung.

Wie wäre es also, auch an der FU Berlin ein Demokratie- und Menschenrechts-Element in alle Studiengänge aufzunehmen? Das wäre ganz im Sinne des Gründungsaufrufs „im Geiste der Freiheit und der Wahrheit“ unbedingt kritisch reflektiert, produktiv streitend – zugunsten der Wahrheit, die ihren Namen verdient, und einer Demokratie, in der wir weiter miteinander leben können.

Verteilte Verantwortung

Die Aufgabe, Wissenschaftsfreiheit auch als Baustein der Demokratie zu verwirklichen, trifft viele, in verteilter Verantwortung.[22] Diese libertas, veritas und iustitia einzuüben, zu pflegen, zu verteidigen – das muss zuallererst natürlich die Hochschule selbst. Sie handelt – so wieder das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung – in Eigenverantwortung.[23] Auch das ist eine Freiheit in Grenzen. Zuständig sind Präsidium und die Gremien auch, um die Fächervielfalt zu schützen, sowie alle Angehörigen der Hochschule auch individuell, denn sie alle sind „Träger des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit“, als forschend Lernende. Da haben Sie zu tun.

Die Aufgabe trifft zudem die Gesetzgeber in Bund und Ländern. Sie müssen diese anspruchsvolle Freiheit zwecks Suche nach Wahrheit im Sinne der Gerechtigkeit ausgestalten – im Hochschulrecht, im Arbeitsrecht, im Patentrecht, Urheberschutzrecht, Vergaberecht, Sozialrecht usw. usf. Auch da gibt es zu tun.

Und nicht zuletzt sind da diejenigen, die nicht nur als Ehemalige, sondern auch aktuell an der Universität hängen, für sie eintreten und sie fördern. In der FU Berlin ist das die Ernst-Reuter-Gesellschaft.

Angesichts der großen Herausforderungen – Attacke statt Kritik, Lüge statt Wahrheit, Diffamierung statt Diskurs – brauchen Sie alle Wissenschaft, und die Wissenschaft braucht Sie.


[1] Bianca Nogrady: I hope you die´. How the COVID pandemic unleashed attacks on scientists. Nature 598 (2021), 250-253.

[2] Das Forschungsprojekt betreiben Staffan Lindberg (Gotenburg), Katrin Kinzelbach und lars Pelke (FAU und Janika Spannagel (FU Berlin). Aktuell ist das AFI 2022 update, unter https://www.pol.phil.fau.eu/academicfreedom/.

[3] Dort richtet er sich gegen George Soros, Gründer der CEU und der Open Society Foundation zur Förderung der Demokratie und Zivilgesellschaft insbesondere in Osteuropa.

[4] „Blindes Vertrauen“ ist nicht gemeint. Näher dazu Susanne Baer, Vertrauen. Faire Urteile in Wissenschaft und Recht. Göttinger Universitätsrede 2012 (2013).

[5] Das fördert die Bundesregierung mit der Richtlinie zur Förderung von Strukturen zur systematischen Berücksichtigung von geschlechtsbezogenen Aspekten in Forschungsfragen („Geschlechteraspekte im Blick“), Bundesanzeiger vom 20.07.2021. Beispiele für alle Fächergruppen stellt die DFG bereit (https://www.dfg.de/foerderung/grundlagen_rahmenbedingungen/vielfaeltigkeitsdimensionen/index.html).

[6] Bernhard Pörksen: Die große Gereiztheit. Wege aus der kollektiven Erregung. 2018.

[7] Die Rechtsprechung findet sich online unter www.bverfg.de. Zitiert werden Entscheidungen entweder aus der Sammlung des Gerichts (BVerfGE …) oder nach Senat, Datum, Aktenzeichen.

[8] Karl Jasper: Die Idee der Universität, Schriften der Universität Heidelberg, Heft 1. 1946.

[9] BVerfGE 47, 327 (369); 57, 70 (99).

[10] Immanuel Kant: Der Streit der Fakultäten (1798), in: Kants gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaft, Band VII (1907/17), 1-133, 19 f.

[11] John Adams: A Dissertation on the Canon and Feudal Law (1765).

[12] BVerfGE 35, 79 (113); 47, 327 (367); 90, 1 (12); 111, 333 (354).

[13] BVerfGE 90, 1 (11 f.).

[14] Ronald J. Daniels with Grant Shreve and Phillip Spector: What Universities Owe Democracy (2021), 243.

[15] BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. Dezember 2017 - 1 BvL 3/14-.

[16] BVerfG, Beschluss des Ersten Senates vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 -.

[17] Näher dazu More than welcome: A Berlin call for university ethics (2018). Scholarsatrisk.org, J of Science, Humanities and Arts 2019; zur Diplomatie der Universität Grenzenlose (Wissenschafts-)Freiheit?, Humboldt Ferngespräche (2014).

[18] Zu hören unter https://www.fu-berlin.de/sites/kennedy/index.html.

[19] Carolin Amlinger, Oliver Nachtwey: Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus (2022).

[20] Max Horkheimer: Akademisches Studium. Immatrikulations-Rede Sommersemester 1952, Frankfurter Universitätsreden, Heft 8 (1952), S. 5.

[21] Charta zur Politischen Bildung und Menschenrechtsbildung, Empfehlung CM/Rec(2010)7 des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedsstaaten, verabschiedet vom Ministerkomitee am 11. Mai 2010.

[22] Kurz und verfassungsrechtlich Susanne Baer, Wissenschaftsfreiheit als verteilte Verantwortung. Forschung & Lehre 3 (2017), 214; Verantwortung für die Wissenschaft. Wissenschaftsrecht 1 (2015), 3; länger: Wer lenkt die Forschung? In: Bitburger Gespräche (2019), 13.

[23] BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Mai 2015 – 1 BvR 1501/13-, Rn. 70.