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„Flexibles Arbeiten“ aus Sicht des Gesamtpersonalrats

News vom 15.11.2023

Liebe Kolleg*innen,

die zukünftige Arbeitsgestaltung an der Freien Universität Berlin wird gerade viel diskutiert. Wir möchten hier die Sicht des Gesamtpersonalrats (GPR) den Darstellungen der Dienststelle gegenüberstellen, damit Ihr Euch selbst eine Meinung dazu bilden könnt.

In Kürze:

  • Die „DV Flex“ bringt vor allem der Dienststelle flexible Verfügungsmacht über die Arbeitszeitlage der Beschäftigten.
  • Die Erweiterung der Rahmenzeit kann Beschäftigten finanzielle Einbußen (Wegfall von Zuschlägen), weniger Arbeitssicherheit und mehr Unsicherheit bei der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes bringen.
  • Die geplante „Funktionsarbeitszeit“ kann sich von der jetzt geltenden Kernzeit künftig deutlich unterscheiden und schränkt die Flexibilität der Beschäftigten bei der Festlegung ihrer Arbeitszeit ein.
  • Die Umgehung der Erstellung von durch den Personalrat mitbestimmten Dienstplänen ist mit der „DV Flex“ möglich, für die Beschäftigten ist das aber ein (nicht nur finanzieller) Nachteil.

Die Zitate im Folgenden beziehen sich auf den Entwurf der Dienststelle vom 24.08.2021.

Und nun noch ausführlich:

Begriffsbestimmung aus GPR-Sicht

  • Flexibilität wünschen sich Beschäftigte, die Erziehungs- und Pflegeaufgaben, Ehrenämter, Hobbies, Freizeit usw. mit ihrer Arbeit so vereinbaren wollen, dass ihre Lebensqualität und ihre Gesundheit dabei nicht auf der Strecke bleiben. Sie wünschen sich also echte Arbeitszeitsouveränität.
  • Die Dienststelle hingegen beabsichtigt, mit Flexibilisierung den Betrieb einfacher organisieren und Geld sparen zu können. Dafür muss sie die Beschäftigten flexibel einsetzen können, braucht also erweiterte Anordnungsbefugnisse.

„Arbeitszeitspanne“ (= Rahmenzeit)

  • Der Entwurf sieht eine Rahmenzeit (im DV-Entwurf „Arbeitszeitspanne“ genannt) montags bis freitags von 6 bis 22 Uhr vor.
  • Sie soll „in begründeten Einzelfällen, insbesondere zur Sicherstellung von Forschung“ von der Beschäftigungsstelle auch auf Samstag erweitert werden können.
  • Unter Umgehung der Mitbestimmung des Personalrats bei der Arbeitszeit sollen darüber hinaus gehende individuelle Regelungen (also Arbeit nach 22 Uhr) getroffen werden können.

Die Rahmenzeit der jetzigen Dienstvereinbarung in der Dienststelle Dahlem ist von 7:00 bis 19:30 Uhr festgelegt.

Problem 1) Finanzielle Nachteile für die Beschäftigten:

Bisher standen Beschäftigten für außerhalb der Rahmenzeit oder samstags angeordnete (genehmigungspflichtige!) Überstunden Zuschläge zu (auch z.B. für die Lange Nacht der Wissenschaften). Mit der Neuregelung könnten viele dieser Arbeitsstunden nur noch als nichtzuschlagspflichtige Mehrarbeit gewertet werden. Hier spart die Dienststelle Geld und die Nachbesetzung von freien Stellen wird unattraktiver. Die Beschäftigten müssten diesen Personalmangel dann bestmöglich über Mehrarbeit kompensieren. Wir befürchten zudem, dass es mehr Diskussionen um die Notwendigkeit von Überstunden geben wird und hier größtmöglich bei den Zuschlägen gespart werden soll.

Problem 2) Arbeitssicherheit:

Falls die DV Flex dazu benutzt werden sollte, die Erstellung von Dienstplänen zu umgehen, kann der Personalmangel noch besser kaschiert werden – auf dem Rücken und auf Kosten der Sicherheit der Beschäftigten.

Problem 3) Ruhezeiten:

Absatz (5): „Die/der Vorgesetzte hat im Rahmen ihrer/seiner Fürsorgepflicht die Dienstkräfte anzuhalten, auch bei eigenverantwortlicher Disposition der individuellen Arbeitszeit die Mindestruhezeiten von elf Stunden einzuhalten.“

Die realen Verhältnisse im Fachbereich Veterinärmedizin und auch anderen Bereichen entsprechen dieser Vorgabe schon lange nicht mehr. Damit jedoch die Arbeit zentraler Bereiche aufrechterhalten werden kann, wie der Technischen Abteilung, der Personalabteilung oder der Sekretariate, braucht es eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, keine Verschlechterung.

„Funktionsarbeitszeit“

In den jetzt gültigen Dienstvereinbarungen zur gleitenden Arbeitszeit für die Dienststellen Dahlem und Botanischer Garten (ZE BGBM) gibt es eine feste Kernzeit (Dahlem: montags bis donnerstags 9 bis 14:30 Uhr, freitags 9 bis 12 Uhr, ZE BGBM montags bis freitags 9-13 Uhr). Die Kernzeit soll nun durch eine vom Bereich bestimmte „Funktionsarbeitszeit“ abgelöst werden.

Wir zitieren aus dem Entwurf und heben die für uns problematischen Passagen hervor.

„(1) Die Funktionsarbeitszeit wird von der Leitung der jeweiligen Beschäftigungsstelle grundsätzlich selbst festgelegt und sollte montags bis donnerstags innerhalb der Zeitspanne von 09:00 Uhr bis 16:00 Uhr sowie freitags innerhalb der Zeitspanne von 09:00 Uhr bis 12:00 Uhr liegen. Die Funktionsarbeitszeit muss diese Zeitspanne nicht voll ausschöpfen. Sie kann – sofern dienstliche oder organisatorische Belange dies erfordern – auch eine andere Zeitspanne umfassen.

„Flexibel“ ist hier hauptsächlich die Beschäftigungsstelle, die mit einem Vorlauf von lediglich zwei Wochen die Funktionsarbeitszeit ändern kann. Adieu Planungssicherheit?

In „Individuelle Arbeitszeit“, Absatz 1 soll festgelegt werden, dass die individuelle Arbeitszeit zu 50 % in der Funktionsarbeitszeit liegen muss.

Und weiter in Absatz 5:

„Eine flexible Gestaltung des täglichen Arbeitsbeginns und -endes sowie der Anwesenheitszeit einer jeden Dienstkraft innerhalb der Funktionsarbeitszeit muss sich an den dienstlichen Erfordernissen orientieren und wird innerhalb der Beschäftigungsstelle in Abstimmung mit den Kolleginnen und Kollegen sowie der/dem Vorgesetzten vereinbart. Näheres regeln die Beschäftigungsstellen in eigener Verantwortung.“

Hier drängt sich für uns der Verdacht auf, dass über „indirekte Steuerung“ Dienste ohne formalen Dienstplan abgedeckt werden sollen (zur „indirekten Steuerung“ s. hier). Im selben Absatz wird auch die gesetzlich vorgegebene Mitbestimmung des Personalrats bei der Arbeitszeit verletzt: „Kann eine Einigung nicht erzielt werden, regelt die Leitung der Beschäftigungsstelle den jeweiligen Personaleinsatz.“

Mit den Dienstvereinbarungen zur gleitenden Arbeitszeit ist derzeit sichergestellt, dass nach Ende der Kernzeit der Feierabend selbst bestimmt werden kann. Wann können Beschäftigte denn aber dann mit der „DV Flex“ eigentlich rechtssicher Feierabend machen?

Und eine weitere Einschränkung der Souveränität:

„(6) Treten bei der Einhaltung der Funktionsarbeitszeit kurzfristig Störungen auf Grund von Erkrankungen oder anderer notwendiger Abwesenheit auf, kann die/der Vorgesetzte unter Berücksichtigung der persönlichen Belange festlegen, wer von den zur Verfügung stehenden Dienstkräften während der Funktionsarbeitszeit anwesend sein muss.“

Arbeitszeitunterbrechungen

Unter „7. Tägliche Arbeitszeit“, Absatz 3 heißt es: „Über die Pausen hinausgehende, längere Arbeitszeitunterbrechungen auf Wunsch der Dienstkräfte sind unter Wahrung dienstlicher Interessen außerhalb der Funktionsarbeitszeit zulässig.“

Das sind zwei wesentliche Einschränkungen von Arbeitszeitunterbrechungen in einem Satz:

  1. „Dienstliche Interessen“ (selbstverständlich vom Vorgesetzten zu definieren) sind zu wahren.
  2. Sie sind nur außerhalb der Funktionsarbeitszeit möglich.

Die Kanzlerin macht mit ihrem Beispiel des mittags mit dem Kind spielenden Elternteils den Beschäftigten ein X für ein U vor. Bereits im Rahmen der geltenden Dienstvereinbarungen sind seit jeher an der FU längere Pausen (auch in der Kernzeit) möglich, gelebte Praxis und werden auch im Gleitzeitbogen abgebildet („Pluspause“). Hier bietet die „DV Flex“ keinen Vorteil, sondern gerade die Arbeitszeitunterbrechung zum Spielen mit dem Kind ist nicht möglich, falls zu dieser Zeit eine Funktionsarbeitszeit gilt.

Unsere Einschätzung

Nach Einschätzung des GPR handelt es sich bei der „DV Flex“ hinsichtlich der Regelungen zur Arbeitszeit um einen Rückschritt im Vergleich zu den jetzigen Regelungen. Die Arbeitszeitsouveränität der Beschäftigten wird gerade nicht gestärkt. Stattdessen werden sie den „flexiblen“ Entscheidungen der Arbeitsbereiche und Beschäftigungsstellen unterworfen, ohne jede personalrätliche Kontrolle .

Der GPR kann diesem Modell von ausufernden Rahmenzeiten und „Funktionsarbeitszeiten“, die den Beschäftigungsstellen praktisch unbegrenzte Macht geben, aus den beschriebenen Gründen nicht zustimmen.

Das heißt nicht, dass wir keinen Verbesserungsbedarf bei den Arbeitszeitregelungen sehen. Zum Beispiel könnte man darüber reden, ob die aktuelle Kernzeit verkürzt oder abgeschafft wird. Das würde den Beschäftigten eine echte Flexibilität im Sinne von Arbeitszeitsouveränität geben.

Wie weiter mit der Arbeitszeit?

Der Gesamtpersonalrat ist zu Verhandlungen über verbesserte Regelungen zur Arbeitszeit bereit. Voraussetzung dafür ist eine begleitende rechtliche Beratung, um auf Augenhöhe mit der Dienststelle verhandeln zu können.

Und was ist mit dem „Homeoffice“?

Hier muss man präzise zwischen zwei Tatbeständen unterscheiden: der gesetzlich geregelten Telearbeit, die zu Hause stattfindet, und dem mobilen Arbeiten, das zu Hause stattfinden kann, aber genauso an anderen beliebigen Orten.

Eine Neufassung der Dienstvereinbarung Telearbeit wird zur Zeit zwischen dem GPR und dem Präsidium verhandelt. Der GPR besteht dabei u.a. auf der Zahlung einer Pauschale.

Die aktuell geltende Regelung für Mobiles Arbeiten haben wir bereits seit zwei Jahren mit der Dienststelle vereinbart. Die Regelung sieht vor, dass die Beschäftigten 40 % pro Monat mobil arbeiten können, wobei auch halbe Tage möglich sind. Die Regelung ist derzeit bis 31. März 2024 befristet. Der GPR möchte sie verstetigen. Der GPR hatte 60 % gefordert und freut sich, dass die Dienststellenleitung diesem Anliegen entsprechen möchte. Für das mobile Arbeiten brauchen wir also keine „DV Flex“.

Wir hoffen, hiermit für mehr Klarheit und Transparenz gesorgt zu haben und freuen uns über Fragen, Anmerkungen und Feedback.

Mit kollegialen Grüßen
Euer Gesamtpersonalrat

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