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Im Gedenken an Opfer von Verbrechen im Namen der Wissenschaft

In stillem Gedenken: (v. l. n. r.) Israel Kaunatjike, Dr. Christoph Rauhut (verdeckt), Prof. Dr. Ulman Lindenberger, Dotschy Reinhardt, Ana-Maria Trăsnea, Daniel Botmann, Prof. Dr. Günter M. Ziegler.

In stillem Gedenken: (v. l. n. r.) Israel Kaunatjike, Dr. Christoph Rauhut (verdeckt), Prof. Dr. Ulman Lindenberger, Dotschy Reinhardt, Ana-Maria Trăsnea, Daniel Botmann, Prof. Dr. Günter M. Ziegler.
Bildquelle: Michael Fahrig

Bei Bauarbeiten und anschließenden wissenschaftlichen Grabungen waren seit 2014 auf dem Gelände der Ihnestraße 22 in Berlin-Dahlem etwa 16.000 teils stark fragmentierte, menschliche Knochen gefunden worden.

Eine Analyse der mit den Grabungen beauftragten Archäologieprofessorin Susan Pollock und ihrem Team hat ergeben, dass die Knochen von mindestens 54 Menschen aller Altersgruppen sowie männlichen und weiblichen Geschlechts stammen. Die Knochenfragmente stehen im Zusammenhang mit den kolonialen Sammlungen des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (KWIA). Es sei nicht auszuschließen, dass ein Teil der Knochen aus kolonialen und nationalsozialistischen Unrechtskontexten stammt.

Das Gebäude Ihnestraße 22, in dem heute das Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der im Jahr 1948 gegründeten Freien Universität Berlin untergebracht ist, beherbergte von 1927 bis 1945 das KWIA. An das Institut, das mit sogenannter Rassenforschung an den nationalsozialistischen Verbrechen beteiligt war, hatte etwa der KZ-Arzt Josef Mengele Körperteile von ermordeten Häftlingen aus Auschwitz geschickt.

„Darüber darf kein Gras wachsen. Wir haben die Verpflichtung des Erinnerns.“ Prof. Dr. Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin.

Gemeinsam hatten sich die Freie Universität Berlin, die Max-Planck-Gesellschaft – als Nachfolgerin der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft –, das Landesdenkmalamt Berlin, der Zentralrat der Juden, der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und weitere Opferverbände darauf geeinigt, dass es keine weiteren Untersuchungen der Knochen geben soll: Weil diese invasiv wären, und weil eine Spezifizierung der Opfer nach bestimmten Gruppen letztlich die rassistischen Methoden der Vergangenheit reproduzieren würde, wie der Universitätspräsident erläuterte.

Am 23. März 2023 wurde auf dem Waldfriedhof in Berlin-Dahlem bei einer stillen Feier, ohne religiöse Rituale der Toten gedacht und die 16.000 Knochenfragmente bestattet.

„Das Mahnmal, das hier entstehen wird, soll uns daran erinnern, dass wir heute schon wieder Antisemitismus und Rassismus, Antiziganismus und Antiromaismus erleben. Die Erinnerungsstätte soll für uns ein Symbol sein: dass wir stets wach und wachsam bleiben müssen! Mögen alle diese Toten endlich zur Ruhe kommen.“ Israel Kaunatjike, Bildungsreferent zum Schwerpunkt deutsche Kolonialgeschichte in Deutsch-Südwestafrika

Trauerreden (es gilt das gesprochene Wort)