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Der Umgang mit Elterngesprächen - Die Arbeit mit fallbasierten Lerngelegenheiten im Modul „Pädagogische Diagnostik“ im Master of Education

Gesprächssituation

Gesprächssituation

Die Arbeit mit der fallbasierten Lerngelegenheit, in deren Zentrum ein Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarfsteht, befähigt die Studierenden, Entscheidungen auf Grundlage von diagnostischen Ergebnissen und dem Abwägen von multiperspektivischen Repräsentationen zu treffen, und lehrt sie Perspektivwechsel sowie das Wertschätzen von verschiedenen Meinungen. 

Das Thema Elterngespräche gehört mit zu den zukünftigen Aufgaben einer Lehrkraft. In Elterngesprächen werden zum Beispiel Lern- und Leistungsprobleme thematisiert sowie Möglichkeiten der Förderung diskutiert. Rückmeldungen von Studierenden der pädagogischen Diagnostik zufolge fühlen sie sich für solche Gespräche unzureichend vorbereitet. Dies wurde im Teilprojekt 1 - Fallbasierte Lehr-Lern-Tools - zum Anlass genommen, in K2teach eine Lehr-Lerngelegenheit für Studierende zu entwickeln, die auf den Umgang mit Elterngesprächen im Kontext der Diagnostik von Lernbesonderheiten fokussiert. Entstanden ist eine fallbasierte Lerngelegenheit, in deren Zentrum ein Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf steht, welche in das Modul Pädagogische Diagnostik im Master eingebunden ist. 

Fallbasierte Lerngelegenheit eines Schülers mit sonderpädagogischem Förderbedarf Entwickelt von: Lackenbauer, Pöhler, Briese, Sontag, Wißmann & Kinder

Fallbasierte Lerngelegenheit eines Schülers mit sonderpädagogischem Förderbedarf Entwickelt von: Lackenbauer, Pöhler, Briese, Sontag, Wißmann & Kinder

Fallbasierte Lerngelegenheiten werden in K2teach bereits seit 2018 entwickelt. Eine Übung zur Diagnostik von Lernbesonderheiten ist schon als Handreichung erschienen. Diese Lerngelegenheit setzt nun einen anderen inhaltlichen Schwerpunkt, indem sie sich mit dem Umgang mit diagnostischen Rückmeldungen und Beratung auseinandersetzt. Entwickelt wurde die Lehr-Lerngelegenheit nach einem realistischen Fall. Hierfür wurden zunächst leitfadengestützte Interviews mit Berliner Sonderpädagog:innen durchgeführt und daraufhin die fallbasierte Lerngelegenheit entwickelt. Für die Klassenlehrkraft, die Mutter und den Schüler sind jeweils sechs verschiedene Fördermaßnahmen entwickelt worden, wobei einige geeigneter sind als andere. Für die Empfehlung der Fördermaßnahmen sowie für die Mitteilung der diagnostischen Testergebnisse wurden dann jeweils vier verschiedene, durchaus diskussionswürdige, Formulierungen entwickelt. Die Studierenden diskutieren in der Seminarsitzung die Formulierungen, entscheiden sich für eine und begründen ihre Entscheidung. 

 

Dabei arbeiten die Studierenden mit Hilfe der "Hut-auf-Methode" nach de Bono (2000): Sie nehmen verschiedene Funktionen bzw. Perspektiven (Moderator:in, Protokollant:in, Klassenlehrkraft, Schüler, Mutter) ein, sodass sichergestellt ist, dass in der Diskussion alle Perspektiven und teils widersprüchlichen Positionen Beachtung finden. Auf diesem Weg können die Studierenden das Einnehmen verschiedener Perspektiven üben, was eine der vier Dimensionen der Beratungskompetenz nach Bruder (2011) darstellt. 

Perspektivübernahme durch die Hut-auf-Methode

Perspektivübernahme durch die Hut-auf-Methode

Nachdem die Studierenden den Fall in der Vorbereitung gelesen haben, diskutieren sie dann in der Sitzung mit Hilfe der Hut-auf-Methode, welche Formulierung jeweils am besten geeignet ist. Dabei reflektieren sie, wie die ausgewählte Formulierung auf die jeweiligen Beteiligten wirkt.

Anschließend tauschen sich die verschiedenen Gruppen aus. Gerade diese Methode nehmen die Studierenden sehr positiv auf: „Die Art, wie gearbeitet wurde, habe ich als sehr hilfreich empfunden: vor allem die Perspektivübernahme durch die Hut-auf-Methode. Wie würde ich mich dabei fühlen? Ich denke, in der Praxis wird es noch etwas schwieriger, da wir als Lehrkraft dann die Rolle der Lehrkraft und der moderierenden Person gleichzeitig übernehmen müssen.“ Im Anschluss an die Sitzung erhalten die Studierenden weitere Materialien, wie z. B. eine Liste mit möglichen Unterstützungssystemen, die sie später in ihrem Berufsalltag nutzen können. 

 

Im Wintersemester 2020/21 wurde die Lehr-Lerngelegenheit erstmals pilotiert und evaluiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Studierenden bei der Beschäftigung mit der Lerngelegenheit hohe Lernfreude empfinden und dass sie gut mit diesem komplexen Fall arbeiten konnten (Lackenbauer, Briese, Pöhler, Sontag, Wißmann & Kinder, 2021). Dies wird auch im Gespräch mit Studierenden, die mit der Lerngelegenheit gearbeitet haben, deutlich: „Ich fand die Arbeit mit dem Fall sehr gut, mir geht das manchmal so, dass wenn die Sachen sehr theoretisch sind, ich leicht abschweife. Das Beispiel jetzt war sehr konkret dadurch, dass es wirklich auf einem komplett realistischen Beispiel beruht, es hat mich sehr motiviert.“

 

Nach erfolgreicher Implementation des Fallinventars im Modul Pädagogische Diagnostik wird nun angestrebt, das Angebot auch für Lehramtsanwärter:innen in der zweiten Phase der Lehrkräftebildung sowie für Fort- und Weiterbildungen aufzubereiten. 

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Die fallbasierte Lerngelegenheit wurde interdisziplinär im Arbeitsbereich Lernpsychologie entwickelt.

Bei Fragen und Interesse stehen Ihnen Maike Pöhler und Fiona Briese als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung.