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DasCorps.de vom 2.12.2002: Die UNO in Berlin

UN-Model United Nations an der FU Berlin in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt

Von Dag Zimen

News vom 02.12.2002

Trotz der zeit- und arbeitsaufwendigen Vorbereitungen für die Petersberger Afghanistan-Folgekonferenz mit Präsident Hamid Karsai fand S.E. Hamidullah Nasser Zia, Afghanistans Botschafter in Berlin, die Zeit, das United Nations Model an der Berliner Freien Universität zum Thema Internationaler Terrorismus zu eröffnen. "Afghanistan ist gerade erst den teuflischen Klauen des Terrorismus entkommen. Für die deutsche Unterstützung dabei sind wir besonders dankbar. Aber der Kampf ist noch nicht vorbei. Deswegen haben wir ein besonderes Interesse daran, dass die internationale Staatengemeinschaft das Vorgehen gegen das Übel des Terrorismus weiterführt und verstärkt. Dieses Ziel kann nur durch Kooperation gelingen. Den Teilnehmern dieser Sicherheitsrats-Sitzung danke ich für ihr Engagement und ich wünsche Ihnen viel Erfolg", sagte der Botschafter in seinem Grußwort für das Planspiel, das vom Lehrstuhl des Völkerrechts-Professors Philip Kunig traditionell in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt veranstaltet wurde. Diesmal wurde eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates simuliert. Parallel dazu fand eine Sondersitzung des Counter-Terrorism Committee (CTC), eines auch in realiter per Resolution Nr. 1373 eingesetzten Ausschusses, der ebenso zusammengesetzt ist wie der Sicherheitsrat.  


S.E. Hamidullah Nasser Zia


So kam es, dass insgesamt 63 "UN-Diplomaten" mit ernster Miene, feinem Zwirn und großen Zielen im Senatssaal der FU zusammenfanden. Sie repräsentierten die 15 Ratsmitglieder, die auch im echten New Yorker Rat derzeit das wichtigste Gremium der Weltdiplomatie bilden. Neben den "Big Five" sind das Bulgarien, Guinea, Irland, Kamerun, Kolumbien, Mauritius, Mexiko, Norwegen, Singapur und Syrien. Die Delegationen dieser Länder bestanden allerdings überwiegend aus Deutschen, zudem aus Afghanen, Osteuropäern und Transkaukasiern und anderen Staatsangehörigen. Teilnehmer des Planspiels waren nämlich Studenten deutscher Universitäten sowie Nachwuchsdiplomaten, die beim Auswärtigen Amt Fortbildungslehrgänge absolvieren, darunter 8 afghanische Diplomaten, die in Berlin in die deutsche Schule der Diplomatie eingewiesen werden. Für sie wurden eigens Simultandolmetscher engagiert, was der Atmosphäre schließlich noch den letzten Glaubwürdigkeitsschliff verlieh.  


Prof. Dr. Philip Kunig

 

 


Alle Teilnehmer mussten sich in "ihr" Land hineindenken, um nicht aus der Rolle zu fallen, keiner durfte sein tatsächliches Heimatland vertreten. "Sinn und Zweck die Rollenspiels ist es, sich die Positionen anderer Staaten zu erarbeiten und diese glaubhaft zu vertreten. Wir wollen durch eine möglichst realistische Nachahmung der diplomatischen Regeln einen Einblick in die Funktionsweise von internationalem Krisenmanagement auf multilateraler Basis erreichen," so Peggy Wittke, Hauptorganisatorin des Planspiels und an diesem Wochenende Präsidentin des Sicherheitsrates. Wichtigstes Instrument für diesen Lernprozess ist die strenge, zuweilen unerbittliche Geschäftsordnung. Nur wer es im Sicherheitsrat und im CTC verstand, mit Unterbrechungen, Verzögerungen und Beschleunigungen, mit Rederechten, Anträgen und Abstimmungsmodi taktisch und strategisch klug umzugehen, konnte sein eigenes Land und profilieren und den vermeintlichen Gegner gelegentlich mit trickreicher Finesse zu überrumpeln.

Aber natürlich ging es bei der Veranstaltung auch im Inhalte, um internationale Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus. Überwiegend in den informellen Verhandlungen auf den Gängen, in den Hinterzimmern und mit pendelnden Emissären wurde um Internationale Haftbefehle, um das Bankgeheimnis, um Mittel gegen den Drogenhandel oder für Entwicklungshilfe gefeilscht, wurden Mehrheiten für eigene Vorschläge geschmiedet oder gegen unliebsame Vorstöße intrigiert, Wie auf der echten Bühne auch erwiese sich die das Vetorecht der ständigen Sicherheitsrats-Mitglieder als effektives Drohmittel. Doch nicht nur das: sehr zum Verdruss einiger Delegationen kam es auch zum Einsatz. Die USA, Frankreich und Großbritannien verhinderten durch ihren Einspruch eine ansonsten knapp mehrheitsfähige Resolution.

 


Dr. Axel Gutmann (AA)

 

 

 

 

 

 

 


Die Delegation Bulgariens

Trotz aller Anfeindungen und auf dem Schlachtfeld der Geschäftsordnung ausgeführten Stellvertreterkriege kam es allerdings zum Abschluss des zweiten Tages doch noch zum versöhnlichen Abschluss. Der Aktenberg der Entwürfe und Änderungsanträge kreiste und gebar eine vom Couter-Terrorism Committee ausgearbeitete und vom Sicherheitsrat mehrheitlich verabschiedete Resolution bezüglich Maßnahmen gegen die Finanzierung des Internationalen Terrorismus. Ob diese Resolution auch in der Wirklichkeit Bestand hätte, bleibt natürlich fraglich. Dr. Axel Gutmann, im Auswärtigen Amtfür den Diplomatenlehrgang der Osteuropäer und Transkaukasier zuständig meinte dazu: „Natürlich hätte der echte Sicherheitsrat eine Resolution mit genau diesem Wortlaut nie verabschiedet, aber für die kurze Zeit, die den Planspiel-Teilnehmern zur Verfügung stand, weist sie schon ein hohes Maß an Realitätsnähe. Es ging hier ja hauptsächlich darum, durch einen Konsens der Teilnehmer die Erfolgschancen von multilateralem Krisenmanagement zu demonstrieren.“ Besonders begeistert zeigte sich der Gutmann von der reibungslosen und effektiven Kooperation der deutschen Studenten mit den Diplomaten aus Afghanistan und den anderen Ländern. Dem schloss sich Ahmed Zahir Faqiri, afghanischer Diplomat in vorübergehend syrischen Diensten, an: "Es ist und gelungen, in einen echten Dialog einzutreten. Das war ein grandioser Erfolg."

 


Nach einem letztendlich also erfolgreichem Wochenende gab es für die Nachwuchsdiplomaten Grund genug, sich selbst und den Triumph des Multilateralismus mit einem großen Abschlussessen, spendiert vom Auswärtigen Amt zu feiern. Jeder einzelne Teilnehmer wurde offiziell und mit viel Applaus für seine Leistungen ausgezeichnet. Den größten Beifall erhielt erwartungsgemäß allerdings Peggy Wittke, die Hauptorganisatorin, die schon das nächste Planspiel vorbereitet. Unter dem Arbeitstitel: "Wir basteln uns ein Sanktionsregime" verheißt die nächste Sitzung des höchsten UN-Gremiums in Berlin schon jetzt einen neuen diplomatischen Höhepunkt.  


... und der Westen steht zusammen


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Die UNO in Berlin

 

 

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