Springe direkt zu Inhalt

Seminar "Environmental Justice in Theorie und Praxis" WiSe 2015/16

+++ Die Dokumentation des Seminars "Environmental Justice - in Theorie und Praxis ist online +++

Im  Wintersemester 2015/16 bot SUSTAIN IT! zusammen mit Götz Kaufmann vom Environmental Justice Institute das Seminar "Environmental Justice - in Theorie und Praxis" an.

Ausgehend von Afro-Amerikanischen grassroots-Bewegungen in den 1970er Jahren, durch die das Zusammenkommen von sozialer Diskriminierung und von Belastungen durch Umweltverschmutzung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen erkannt und angeprangert wurde, entwickelte sich environmental justice zu einem wichtigen Forschungsfeld. Prägende Personen waren der Soziologe Robert Bullard wie auch viele US NGOs, so dass der Begriff mittlerweile bereits Eingang in die Gesetzgebung durch die Environmental Protection Agency gefunden hat.

Weiterhin sind Fragen von Umweltgerechtigkeit für unsere Gesellschaften von enormer Relevanz: Auf globaler Ebene, wenn über die Gewinner und Verlierer des Klimawandels verhandelt wird. Aber auch auf lokaler Ebene, wenn Böden unfruchtbar, Wässer verschmutzt oder in Städten die Belastungen durch Lärm und Abgase zu gesellschaftlichen Problemen werden. Dementsprechend hat Ulrich Beck Rückwirkungen von umweltschädlichem menschlichem Handeln gar als zentrale Antriebskraft für die weitere Entwicklung moderner Gesellschaften, “Risikogesellschaften”, prognostiziert. Während Beck den environmental justice Begriff selbst nicht benutzt, hat Martinez-Alier deutlich gemacht, dass Kämpfe auf der ganzen Welt (Südamerika, Afrika, Asien) an der Problemstelle der sozial ungerechten Verteilung von Umweltauswirkungen schon seit Jahrhunderten ausgefochten werde, ohne diesen Begriff verwendet zu haben. In der deutschen Forschung wird hierbei besonders die prozedurale Ungerechtigkeit politischer Partizipation in den Blick genommen (Heike Köckler).

Was aber genau kann Umweltgerechtigkeit bedeuten und inwiefern kann environmental justice ein hilfreiches Konzept sein, um Umweltungerechtigkeiten zu erkennen und Lösungsansätze zu entwickeln?
In unserem Projektkurs wurden diese Fragen sowohl theoretisch erschlossen als auch durch konkrete Projekte praktisch bearbeitet. In dem theoretischen Teil wurden grundlegende Konzeptionen wie “Umwelt” und “Gerechtigkeit” beleuchtet. Außerdem wurden die beiden für das Forschungsfeld zentralen Aspekte, zum einen die Frage nach sozialer (also distributiver und prozeduraler) Gerechtigkeit, zum anderen Probleme der Umweltdiskriminierung, diskutiert. Dabei wurden auch gender, agism, lookism und weitere Aspekte von Umweltdiskriminierung einbezogen. Gastdozierende aus verschiedenen geographischen und disziplinären Kontexten gaben regelmäßig zusätzliche Einblicke in das Forschungsfeld.

Daneben bestand die Möglichkeit , in Projektgruppen konkrete Problemstellungen praktisch zu bearbeiten. Dafür wurden verschiedene stakeholder – z.B. aus NGOs, der Stadtverwaltung oder der Stabsstelle für Nachhaltigkeit der FU Berlin – einbezogen, die Einblicke in bestehende Problemkontexte ermöglichen. Mit der Hilfe von transdisziplinären Forschungsmethoden wurde der Gegenstand systematisch erschlossen und versucht, umweltgerechte Lösungsansätze für die spezifischen Kontexte zu entwickeln.