11. Juli 1890 Cannstatt - 4. Januar 1945 KZ Sachsenhausen
Dr. Fritz Elsas
Bildquelle: Foto: Stadtarchiv Stuttgart, Foto: Heinz Eschwege
Reichsanzeiger vom 18.01.1945
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Fritz Julius Elsas wurde am 11. Juli 1890 in Cannstatt, Württemberg, als Sohn des Cannstatter Industriellen Kommerzienrat Julius Elsas geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Cannstatt studierte er Rechts- und Sozialwissenschaften sowie Volkswirtschaft in München, Berlin und Tübingen. 1912 promovierte er schließlich zum Dr. rer. pol. In den Jahren nach Abschluss des Studiums bis 1926 bekleidete Fritz Elsas diverse öffentliche Ämter in der Stuttgarter Stadtverwaltung: zunächst als Leiter des Lebensmittelamtes, nach dem Ersten Weltkrieg als Rechtsrat und Referent für Handel, Gewerbe, Verkehr und Öffentlichkeitsarbeit und ab 1925 als Vorstand des Personalamtes.
1918 trat er der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) bei und war von 1926 bis April 1931 Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen und Preußischen Städtetags. 1931 wurde er zum 2. Bürgermeister Berlins gewählt. Zuvor hatte er auf eine Kandidatur zum Bürgermeister Stuttgarts aufgrund antisemitischer Anfeindungen verzichtet.
Im März 1933 reichte er ein Urlaubsgesuch ein, um einer Amtsenthebung durch die Nationalsozialisten zuvorzukommen. Wenige Monate später wurde er aufgrund seines jüdischen Hintergrundes (Elsas stammte aus einer jüdischen Familie und nahm später den evangelischen Glauben seiner Stiefmutter an) und des am 7. April 1933 verabschiedeten NS-Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in den Ruhestand versetzt. Darauf arbeitete er als Wirtschafts- und Devisensachverständiger. Seit 1934 hatte Elsas Verbindungen zu einem liberalen Widerstandskreis und zu Carl Friedrich Goerdeler (früherer Leipziger Oberbürgermeister). Im Juni 1937 wurde er unter dem Vorwand von Devisenvergehen festgenommen und war bis November des Jahres in der JVA Berlin-Moabit in Untersuchungshaft.
Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 nahm Elsas den sich auf der Flucht befindenden Carl Friedrich Goerdeler in der Nacht vom 26. zum 27. Juli 1944 bei sich zu Hause auf. In den nächsten Tagen besuchte Goerdeler ihn womöglich nochmals. Elsas hatte für Goerdeler eine Proklamation verfasst, die nach dem Attentat die Öffentlichkeit aufklären sollte und u.a. Elsas für den Posten des Leiters der Reichskanzlei vorsah.
Am 10. August 1944 wurde Fritz Elsas verhaftet und in das Gefängnis Lehrter Straße in Berlin gebracht. Vermutlich hatten Nachbarn ihn und Carl Goerdeler beobachtet und denunziert. Im Dezember 1944 wurde er in das KZ Sachsenhausen überstellt. Zu Beginn des Jahres 1945, wahrscheinlich am 4. Januar, wurde er nach dem Morgenappell – ohne Gerichtsverfahren – auf dem sogenannten Industriehof erschossen. Das Todesdatum wurde auf den 18.01.1945 festgelegt. An diesem Tag wurde im Deutschen Reichsanzeiger Folgendes bekanntgegeben: „[…] [D]er gesamte Nachlass des Juden Fritz Israel Elsas, 11. Juli 1890 in Stuttgart, zuletzt wohnhaft gewesen in Berlin-Dahlem, Patschkauer Weg 41, [wird] zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen.“ In das Haus der Familie zog eine Gestapodienstelle ein.
Die Familie:
Fritz Elsas war seit 1915 mit Marie Sophie Friederike Elsas, geb. Scholl (1886 – 1968) verheiratet. Das Paar hatte drei Kinder: Marianne, Hanne und Peter Fritz Richard Elsas.
Da die Verhaftung von Fritz Elsas 1944 im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 stand, wurden seine Frau und seine Töchter in Sippenhaft genommen. Marie und Marianne wurden am 04.09.1944 verhaftet und vermutlich ab Dezember 1944 im Frauengefängnis Moabit inhaftiert, wo sie am 23.04.1945 durch Ernst Ludwig Heuss, der sich als Beamter des Justizministeriums ausgab, befreit wurden.
Hanne gelang es vorerst unterzutauchen. Schließlich wurde sie jedoch festgenommen, nachdem sie um die Freilassung der Mutter gebeten hatte. Nach ihrer Verhaftung, vermutlich zu Beginn des Jahres 1945, wurde sie in das KZ Ravensbrück gebracht. Sie heiratete am 05.08.1945 Ernst Ludwig Heuss in Ravensbrück.
Peter Elsas wurde bereits am 24.09.1943 in Stuttgart verhaftet. Über seine Haft ist mehr bekannt. Er wurde als "Mischling I. Grades" am 28.01.1944 in das KZ Buchenwald eingeliefert. In Buchenwald erhielt er die Häftlingsnummer 29812 und war als Technischer Zeichner tätig. Das war vermutlich der Grund, warum Peter Elsas nach vier Monaten Baukommando (21.02. bis 24.06.1944) in das Außenkommando Gustloff-Werke II zum Arbeitseinsatz kam. Dieses Rüstungswerk wurde am 24.08.1944 bei einem Bombenangriff der Alliierten zerstört. Peter Elsas wurde dann am 16.09.1944 in das Außenlager Witten-Annen zum Arbeitseinsatz geschickt. Das Außenlager wurde am 29.03.1945 geräumt und die Überlebenden trafen am 31.03.1945 in Lippstadt auf amerikanische Truppen. Wahrscheinlich erlebte Peter Elsas dort die Befreiung. Anfang Dezember 1946 reiste er zusammen mit seiner Ehefrau Lilli Sophie Elsas (geheiratet am 11.02.1946 in Berlin) in die USA aus.
Zu den Büchern:
Die etwa 450 Bücher wurden laut Zugangsbuch der Volkswirtschaftlichen Bibliothek 1949 für einen Preis von 250 Westmark erworben. Von wem genau ist nicht verzeichnet. Die Nachfragen an die heute noch lebende Enkelin, brachten keine neuen Erkenntnisse. Alle anderen Verwandten, die möglicherweise Auskunft hätten geben können, sind bereits verstorben.
Die Familie hat sich entschlossen, die Bücher, die eindeutig Fritz Elsas zugeordnet werden können, der Universitätsbibliothek zu schenken. Sie werden als Sammlung geschlossen in der Universitätsbibliothek der Freien Universität aufgestellt und können vor Ort eingesehen werden. Eine Ausleihe ist aufgrund ihres Raubgutstatus nicht möglich.