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Blühender Campus

Ein lebender Campus

Für uns ist der Campus ein Ort, an dem wir gemeinsam mit vielen Nachhaltigkeitsakteuren, insb. aus dem Bereich Klima- und Ressourcenschutz, zeigen wollen, dass eine gesellschaftliche Transformation möglich ist. Mensch und Artenvielfalt schließen sich nicht aus, im Gegenteil, vom Menschen geprägte Lebensräume können eine hohe Biodiversität haben. Dafür müssen wir bestehende ästhetische Vorstellungen hinterfragen, und aktiv Raum für urbane Wildnis lassen. Durch Führungen, Workshops und Infotafeln soll die entstehende Vielfalt auch erlebbar, und der Wert urbaner Vielfalt sichtbar gemacht werden.

Aufgeblüht statt kurzgemäht!

Im Zentrum unserer Arbeit steht die Aufwertung der bis 2019 noch bis zu 9 mal gemähten Grün- und Rasenflächen. Die Mahd auf allen Flächen ist seit 2020 deutlich reduziert (je nach Witterung und Nutzung nur noch etwa 5 mal) und pausiert campusweit während der Frühblüherphase im April. Auf etwa 8 ha entstehen zur Zeit in einem Pilotprojekt teils sehr unterschiedliche, artenreiche Blühflächen. Hier wird 1-2 mal im Jahr mit Balkenmäher gemäht, große Bereiche (10 - 100%) bleiben auch über den Winter stehen. Wir orientieren uns an den Arbeiten der Bunten Wiese Tübingen, und dem Konzept einer "gelenkten Spontanvegetation". Dafür treffen wir uns regelmäßig um ausgewählte Flächen per Hand zu pflegen, wo es sich anbietet werden auch Pflanzen ausgesäht oder gepflanzt. In Zukunft wollen wir vermehrt regionale, oder sogar lokale Pflanzenarten und Saatgutmischungen auf ausgewählten Flächen ausbringen, Kooperationspartner sind dafür die Lichterfelder Weidelandschaft, das Projekt Urbanität und Vielfalt und die Deutsche Wildtierstiftung.

Sommerregen auf einer Fläche des Blühenden Campus in Dahlem. Foto: Blühender Campus

Die Blätterlaube

Seit Sommer 2020 liegt unser Hauptquartier in der "Blätterlaube", einem Gemeinschaftsgartenprojekt in Zusammenarbeit mit mit der Initiative SUSTAIN IT! und den Projekten Unigardening@SustainIt! und "Garten der Künste". Der Garten ist ein Begegnungsort, an dem naturnah und ökologisch gegärtnert wird. Der Blühende Campus hat hier gemeinsam mit Studierenden aus dem ABV-Bereich Nachhaltigkeit Fledermauskästen, Totholzstapel, ein Sandarium, eine Lehmziegelmauer, eine Schmetterlingsspirale, Benjes-Hecken, zwei kleine (sehr unterschiedliche) Wiesen und einen Teich angelegt. Seit 2020 nehmen wir außerdem als "Hornissenpaten" jährlich ein Hornissennest auf. Zur Zeit entstehen zu den verschiedenen Lebensräumen und Arten, aber auch zu verschiedenen Gartenaktivitäten, wie dem Kompost und den Färberbeeten, Informationstafeln. Der Garten - und in Zukunft vielleicht der ganze Campus - werden dadurch zu einer "lebenden Ausstellung".

Die Blätterlaube, Gemeinschaftsgarten von SustainIt! und der Initiative Blühender Campus im Sommer 2020. Foto: Blühender Campus

Artenvielfalt auf dem Campus

Eine faunistische Erfassung von 2019 zeigte in nur einer Saison eine mehr als 10-fache Zunahme an Insekten auf 10 nur noch einmal gemähten, über den Campus verteilten Flächen. Die besonders geeigneten Flächen im Bereich der Van't-Hoff-Straße zeigten sogar eine etwa 18-fache Zunahme nach einer Saison, und fast 40-fache Zunahme an Insekten nach zwei Jahren. Geschütze und bedrohte Arten konnten wir fast ausschließlich auf den neu entstandenen Blühflächen finden. Dort lassen sich viele, zum Teil seltene Wildbienenarten, wie die Flockenblumen-Langhornbiene und die Zwerg-Wollbiene beobachten. Viele Heuschreckenarten, darunter die, wie der Name sagt, sehr schöne italienische Schönschrecke, finden auf den neu entstandenen Flächen einen Lebensraum. Bodenbrütende Wildbienen und Grabwespen, darunter auch Sphex funerarius (die größte deutsche Grabwespe) nisten in den etwas offeneren Bereichen. Seit Projektbeginn kooperieren wir mit dem an unsere Flächen in Dahlem angrenzenden Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, das eine eigene Fläche seit 2020 mit Sense pflegt. Ab 2021 werden auch auf dem Geo-Campus Lankwitz, sowie auf dem veterinärmedizinischen Campus Düppel große Bereiche nur noch 1-3 mal im Jahr mit Balkenmäher gemäht und von den Nachhaltigkeits-Gruppen vor Ort betreut.

Die Flockenblumen-Langhornbiene, hier auf einer Flockenblume am Hahn-Meitner-Bau in Dahlem, kommt in Deutschland fast ausschließlich in Berlin und Brandenburg vor. Foto: Blühender Campus


Tagfaltermonitoring

Seit Frühjahr 2020 gibt es auf den Flächen des Blühenden Campus in Dahlem auch ein Tagfalter-Monitoring. Unser Tagfaltermonitoring findet von April bis Oktober fast wöchentlich statt, und kann nach Anfrage begleitet werden. Anmeldung erfolgt per Mail. Mehr zur Methode Tagfalter-Monitoring findet ihr hier!

Netzwerk*Igeltunnel

Seit Frühjahr 2021 liegt einer unserer Schwerpunkte auf der Förderung und Aufklärung zu Igeln. Dazu organisieren wir Workshops und vernetzen Instituts- und Anwohnergärten durch kleine, igeltaugliche Öffnungen in Zäunen und Mauern miteinander, nach dem Vorbild des britischen Projekts "Hedgehog Highway". Weitere Infos folgen.

Mach mit beim Monitoring unserer Flächen

iNaturalist ist eine Plattform, auf der jeder seine Naturbeobachtung teilen kann und Hilfestellung bei der Bestimmung von Pflanzen und Tieren bekommt. Insbesondere Pflanzen können oft automatisch bestimmt werden, bei Tieren hilft eine große online-Community dabei, die Funde soweit möglich zu bestimmen. Für den Blühenden Campus haben wir ein eigenes Projekt angelegt.

Sobald ihr im definierten Bereich auf den Flächen in Dahlem, Düppel oder Lankwitz eine Beobachtung meldet, wird diese automatisch von unserem Projekt erfasst. Also einfach Fotos machen und online melden, oder noch einfacher per App.

Netzwerk der Hochschulinitiativen für Biodiversität

Der Blühender Campus richtet das 2. Netzwerktreffen der Hochschulinitiativen für Biodiversität in 2023 aus. Das Netzwerk zählt momentan 11 Initiativen und Arbeitsgruppen mit ähnlichen Schwerpunkten (https://www.buntewiese-tuebingen.de/unibiodiv/). Ein umfassendes Programm mit Vorträgen, Führungen und Workshops wird vom 2. bis 4. Juni 2023 am Campus Dahlem (Otto-von-Simson-Str. 26) umgesetzt. Der Blühende Campus freut sich auf rege Beteiligung zur Förderung der Artenvielfalt auf öffentlichen Grünflächen.

Eigene Ideen zu Biodiversität auf dem Campus? Lust mitzumachen? Schreibt uns!

Falls ihr eigene Ideen umsetzen oder uns in bereits bestehenden Projekten untersützen wollt, könnt ihr zu unseren regelmäßigen Vernetzungstreffen im Garten am Kino Capitol (Thielallee 36) in Dahlem kommen. Für Infos zu aktuellen Projekten und Treffen könnt ihr euch in die Mailingliste eintragen oder ihr schaut mal bei Twitter oder Instagram vorbei!

Auch Forschungsprojekte und Abschlussarbeiten können an verschiedenen Lehrstühlen und Fachbereichen mit Bezug zum Blühenden Campus durchgeführt werden. Beispiele für bisher abgeschlossen Bachelor- und Masterarbeiten finden sich in der Biologie (Thema: Blühspektren auf Flächen mit Spontanvegetation und neu ausgesähten Flächen der Berliner Bestäuberstrategie, Kooperation mit dem Projekt "Berlin blüht auf - mehr Bienen für Berlin"), den Erziehungswissenschaften (Thema: Bildungsformate in der Natur- und Umweltbildung während der Pandemie) oder in der Ethnografie (Thema: Mensch-Natur-Interaktion und der Wildnisbegriff).

Hintergrund

Um das Thema Biodiversität neben Forschung und Lehre auch stärker in den Fokus der universitären Nachhaltigkeitsstrategie zu rücken, haben wir uns zu einer Fachbereichs- und Einrichtungsübergreifenden Initiative zusammengeschlossen. Unter dem Titel „Blühender Campus“ wollen wir Projekte und Akteure zusammenführen, die sich zum Ziel gesetzt haben, die biologische Vielfalt auf dem Campus zu fördern.

Der Verlust an biologischer Vielfalt hat in den letzten Jahrzehnten eine bedrohliche Geschwindigkeit erreicht. Insbesondere das Insektensterben steht seit der Veröffentlichung der Krefeld-Studie aus dem Jahr 2017 im Fokus der Öffentlichkeit. Darin wurde der Verlust von ca. 3/4 der Fluginsektenbiomasse innerhalb von drei Jahrzehnten dokumentiert. Weitere Studien zeigen ähnliche Verluste über alle taxonomischen Gruppen hinweg. Das Massensterben betrifft also bei Weitem nicht mehr nur seltene Arten und exotische Wildtiere, sondern auch ehemals weit verbreitete Arten, ein Phänomen, das man Defaunisierung nennt. Ein weiteres Ergebnis der Krefeld-Studie ist, dass selbst die Schutzgebiete diesen Verlust nicht aufhalten konnten, im Gegenteil, waren die Untersuchungsgebiete selbst größtenteils Schutzgebiete. Dies bedeutet, dass vereinzelte und verinselte Schmutzmaßnahmen den Verlust biologischer Vielfalt keinesfalls stoppen können, es braucht also größere systemische Veränderungen. Der Blühende Campus ist unsere Antwort auf diese immens wichtige und offene Frage: Schaffen wir es unsere Existenz auf Grundlage der Natur mit unseren Lebensweisen in Einklang zu bringen?

Die Biodiversitätskrise hat schwerwiegende Folgen auf die Funktion und Stabilität unserer Ökosysteme und wird mittlerweile oft als „Zwilling“ der Klimakrise bezeichnet. Beide ökologischen Krisen können nicht mehr separat gedacht werden. Der Klimawandel wird das Artensterben weiter beschleunigen, gleichzeitig sind intakte Ökosysteme widerstandsfähiger gegenüber klimatischen Veränderungen. „The diversity of nature maintains humanity’s ability to choose alternatives in the face of an uncertain future”; bringt es der im Sommer 2019 veröffentlichte Bericht des IPBES (International Panel for Biodiversity and Ecosystem Services) auf den Punkt. Und das gilt ganz besonders für den Lebensraum, der am dichtesten von Menschen besiedelt ist: urbane Ökosysteme.

Für eine nachhaltige Stadtentwicklung im Sinne der Sustainable Development Goals (SDGs) ist der Erhalt und die Förderung von Biodiversität integraler Bestandteil. Vor allem der Verlust geeigneter Habitate macht vielen Arten zu schaffen, daher können und müssen städtische Lebensräume hier eine wichtige Ausgleichsfunktion erfüllen. Habitate in der Freien Landschaft werden durch menschliche Aktivitäten zurückgedrängt. Flächenversiegelung, einseitige Landwirtschaft (Monokulturen) und eine übertriebene Ordnung und Pflege vieler Flächen zählen zu den Haupttreibern des Biotopverlustes. Genau hier setzt die Initiative Blühender Campus an der Freien Universität Berlin an.


Einen Gastbeitrag des Blühenden Campus finden Sie in diesem Video der Nature Positive Universities Alliance.

Kontakt

E-Mail: bluehender-campus@fu-berlin.de

Mailingliste: bluehender-campus

Twitter: campusnatur_fu

Instagram: campusnatur_fu


Ansprechpartner*innen

Rebecca Rongstock: r.rongstock@fu-berlin.de

Gesamtkoordination und Sprecherin


Vinzenz Hämmerle: vinzenz.haemmerle@gmail.com

Pat*innen für Artenvielfalt


Lydia Jentsch: Lydia Jentsch

Netzwerk*Igeltunnel


Eberhard Klauck: ebklauck@zedat.fu-berlin.de

Leitung Tagfaltermonitoring


Andrea Schulz: anschulz@zedat.fu-berlin.de

Gebäudebrüter und Naturschutz bei Sanierung und Neubauten


Andreas Wanke: andreas.wanke@fu-berlin.de

Stabsstelle Nachhaltigkeit und Energie


Frank Hähnel: dienstleistung@zuv.fu-berlin.de

Flächenmanagement des Blühenden Campus in der Technische Abteilung


Prof. Dr. Jens Rolff

Wissenschaftliche Leitung


Jürgen Spethmann

Konstruktion und Technische Umsetzung, Nisthilfen, Hymenopteren


Leon von Salisch: leonsalisch@posteo.de

Koordination Blätterlaube, Blühendes Dreieck, Guerilla Gardening und Fragen zu Müll und Vandalismus, insb. im Bereich der Van't-Hoff-Straße


Sophie Lokatis: sophie.lokatis@fu-berlin.de

Ehemalige Leitung


Campus Lankwitz: Hela Lange, h.lange@fu-berlin.de

Campus Düppel: Anna Kosmol, a.kosmol@fu-berlin.de

Fritz-Haber-Institut in Dahlem: Ines Bressel, bressel@fhi-berlin.mpg.de


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