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4. Einstein Lecture Dahlem: Prof. Günter Dosch & Prof. Hans Specht

Musikalische Wahrnehmung - Physik, Neurophysiologie, Psychologie

03.11.2006

Prof. Dr. H. Günter Dosch (li.), Prof. Dr. Hans J. Specht: "Musik und Physik in Einklang bringen".

Prof. Dr. H. Günter Dosch (li.), Prof. Dr. Hans J. Specht: "Musik und Physik in Einklang bringen".
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Aus einer gemeinsamen Vorlesung über „Physik und Musik“, die H. Günter Dosch (Institut für Theoretische Physik, Universität Heidelberg) und Hans J. Specht (Physikalisches Institut, Universität Heidelberg) 1986 zum ersten Mal hielten, entwickelten sich regelmäßige Vorlesungen und zunehmend ein selbständiges Forschungsprogramm mit Studierenden, zunächst zur Psychoakustik, dann zur Neurophysiologie, in Zusammenarbeit mit der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg. Inzwischen gibt es etliche Publikationen der Arbeitsgruppe auf diesem Gebiet. Am 3. November 2006 halten sie die 4. Einstein Lecture Dahlem.

Musikalische Töne haben ein periodisches Zeitverhalten. Das Ohr zerlegt sie in Teiltöne, die eine harmonische Reihe bilden. Dennoch ist der Gesamteindruck ganzheitlich, charakterisiert durch Tonhöhe und Klangfarbe. Enthält ein periodischer Ton nur wenige Komponenten, so kann sich, abhängig vom Hörertyp, der ganzheitliche Eindruck erhalten (Grundtonhörer) oder aber durch Wahrnehmung der Einzelkomponenten ersetzt werden (Obertonhörer).

Seit einiger Zeit versuchen Dosch und Specht, der Sonderrolle periodischer Töne in der musikalischen Wahrnehmung mit Hilfe psychoakustischer und neurophysiologischer Methoden auf die Spur zur kommen. Bei der Untersuchung einer großen Zahl von Berufsmusikern, Amateuren und Nicht-Musikern fanden sie im primären Hörkortex des Gehirns erhebliche strukturelle und funktionelle Unterschiede, die mit der musikalischen Begabung und dem Langzeittraining stark korreliert sind. Die oben genannten Hörertypen zeigen eine Dominanz des linken bzw. des rechten Hörkortex. Die musikalischen Konsequenzen der Sonderrolle harmonischer Reihen und ihrer Verarbeitung reichen vom „basse fondamentale“ von Rameau bis, möglicherweise, zur Instrumentenwahl von Berufsmusikern, abhängig vom Hörertyp.

Hans J. Specht, geboren 1936, studierte Physik in München und Zürich. Nach der Promotion 1964 in München forschte er zunächst einige Jahre bei der AECL in Kanada, dann weitere Jahre an der TU München. 1973 folgte er einem Ruf als Professor für Experimentalphysik an die Uni Heidelberg. Sein ursprüngliches Arbeitsgebiet waren Atomphysik und Kernphysik; 1982 wechselte er in die Hochenergie-Schwerionenphysik. Neben wiederholten Forschungsaufenthalten beim CERN in Genf war er von 1992-1999 Wissenschaftlicher Geschäftsführer der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt. Seit 2000 ist er Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, seit 2004 emeritiert.

Günter Dosch, geboren 1936, studierte Physik in Heidelberg und Paris und promovierte 1963 in Heidelberg in theoretischer Elementarteilchenphysik. Sein Hauptarbeitsgebiet ist die Theorie der starken Wechselwirkung. Er war am CERN in Genf, am MIT in den USA und in Karlsruhe tätig. 1969 wurde er Professor für theoretische Physik an der Universität Heidelberg. Seit seiner Emeritierung 2002 beschäftigt er sich mit philosophischen Fragen der Elementarteilchenphysik, zunehmend auch der Neurophysiologie. 1996 wurde er Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, von 2003-2006 war er Sekretär deren mathematisch naturwissenschaftlichen Klasse.