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Offener Brief zur Umsetzung des novellierten Berliner Hochschulgesetzes an der FU Berlin

Im September dieses Jahres wurde das Berliner Hochschulgesetz novelliert.

News vom 21.10.2021

Wir begrüßen ausdrücklich verschiedene Regelungen, die in der Gesetzesnovelle festgelegt wurden und möchten daher mit Besorgnis darauf aufmerksam machen, dass das Präsidium der Freien Universität (FU) an verschiedenen Punkten nicht bereit zu sein scheint, die Vorgaben dieses Gesetzes auch umzusetzen. Dies betrifft konkret zwei Aspekte: Den Umgang mit haushaltsfinanzierten Post-Doc-Stellen sowie mit sachgrundlosen Befristungen.
Nicht erst seit #IchBinHanna ist bekannt, dass Wissenschaftler*innen des akademischen Mittelbaus in Deutschland unter höchst prekären und perspektivlosen Beschäftigungsverhältnissen und in der Regel in Kettenbefristungen arbeiten. Umso mehr ist zu begrüßen, dass das Land Berlin mit dem novellierten Hochschulgesetz Regelungen in Kraft gesetzt hat, mit welchen promovierten Wissenschaftler*innen mehr Perspektiven geboten wird: Das novellierte Hochschulgesetz sieht vor, dass für promovierte und befristet eingestellte Post-Docs auf Haushaltsstellen eine Anschlusszusage zu vereinbaren ist.
Das Präsidium der FU reagierte darauf ad hoc mit der Ankündigung, in Zukunft keine Post-Docs mehr auf Haushaltsstellen einzustellen. Diese zunächst intern kommunizierte Regelung wurde am 28.09.21 im Tagesspiegel bestätigt. Von Seiten des Präsidiums wurde zwischenzeitlich bekanntgegeben, dass Vertragsverlängerungen als sogenannte Corona-Verlängerungen oder auf Grundlage der familien- und sozialpolitischen Komponente des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes weiter regulär durchgeführt werden. Dies begrüßt der Personalrat Dahlem ausdrücklich. Doch gilt der Einstellungsstopp offenbar weiterhin für Neueinstellungen.

Besonders alarmiert sind wir von einem konkreten Fall, in welchem eine reguläre Haushaltsstelle für bis zu vier Jahre Laufzeit und mit Möglichkeit der Habilitation ausgeschrieben wurde; auch die Bewerbungsgespräche fanden noch unter dieser Prämisse statt. Im Nachgang zum Bewerbungsverfahren soll nun allerdings die Befristungsgrundlage geändert werden: Anstatt für vier Jahre auf Grundlage des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes soll die Bewerberin nun für zwei Jahre sachgrundlos befristet werden.
Zwei Jahre werden keinesfalls für eine wissenschaftliche Weiterqualifizierung ausreichen und die Bewerberin kann nach Ablauf dieser Zeit nicht auf der gleichen Befristungsgrundlage verlängert werden, weil ohne Sachgrund schon nach zwei Jahren die Höchstbefristungsdauer ausgeschöpft ist. Dass Wissenschaftler*innen zu diesen Bedingungen eingestellt werden, ist nicht nur skandalös, sondern auch rechtswidrig: Denn das novellierte Berliner Hochschulgesetz benennt ausdrücklich sachgrundlose Befristungen als nicht zulässig für Berliner Hochschulen.
Daran scheint die FU sich jedoch nicht gebunden zu fühlen, wie der oben geschilderte Fall sowie zwei weitere sachgrundlose Befristungen für Lehrkräfte für besondere Aufgaben, die beim Personalrat Dahlem eingegangen sind, zeigen.
Wir haben in den geschilderten Fällen das Gespräch zur Hochschulleitung gesucht und versucht, andere Befristungsgrundlagen zu finden; von Seiten des Präsidiums war hier jedoch keine Verhandlungsbereitschaft zu erkennen. Stattdessen wurde der Personalrat von Seiten eines beteiligten Professors unter Druck gesetzt, den gesetzeswidrigen sachgrundlosen Befristungen zuzustimmen, um die Einstellung von Wissenschaftler*innen nicht zu gefährden.
Dem Personalrat Dahlem geht es in keinster Weise darum, die Einstellungen von Beschäftigten zu blockieren. Es ist allerdings unsere Aufgabe, die Einhaltung geltender Gesetze bei den Einstellungsvorgängen zu überprüfen, und wir sind nicht bereit, Einstellungen unter Bedingungen zuzustimmen, die gegen rechtliche Grundlagen verstoßen und die Beschäftigten konkret benachteiligen.
Wir möchten das Präsidium der FU auffordern, die eigene Blockadehaltung gegenüber dem neuen Berliner Hochschulgesetz zu beenden, sachgrundlose Befristungen einzustellen und den angekündigten Einstellungsstopp für Post-Docs auf Haushaltsstellen zurückzunehmen.

Adressaten:
Präsidium der FU Berlin, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung Steffen Krach, die hochschulpolitischen Sprecher*innen der Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus

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