Springe direkt zu Inhalt

Drei Tage im Zeichen der Nachhaltigkeit: Bericht vom Library Track der International Staff Training Week 2022 an der Freien Universität Berlin

13.07.2022

Poster-Session: „What does sustainability mean to you and/or your institution?“

Poster-Session: „What does sustainability mean to you and/or your institution?“
Bildquelle: Lea Schneider

Library Track 2022: Teilnehmende und Organisationsteam auf einer imaginären Weltkarte

Library Track 2022: Teilnehmende und Organisationsteam auf einer imaginären Weltkarte
Bildquelle: Lea Schneider

Re-Use-Notizblöcke, haarsträubende „Scarytales“ – und große Zukunftsfragen: Unter dem Motto „Libraries' Shift to Sustainability: Managing Ecological and Institutional Changes“ widmeten sich 20 internationale Kolleg*innen der Frage, wie Bibliotheken mit dem facettenreichen Thema Nachhaltigkeit in der Praxis umgehen können.

Jedes Jahr im Juni lädt die Freie Universität Berlin (FU) zur International Staff Training Week ein. Eine Woche lang dreht sich alles um fachlichen Austausch und Netzwerken mit Kolleg*innen aus aller Welt. Eingeladen werden Hochschulbeschäftigte aus vier Bereichen („Tracks“): Career Service, Internationalisierung, Welcome Service und Universitätsbibliothek. Über das Programm des diesjährigen Library Track vom 14. bis 16. Juni hatten wir bereits im letzten Newsletter berichtet – jetzt blicken wir zurück auf eine erfüllende Tagungswoche.

Nachhaltigkeit ist für Bibliotheken kein neues Wort: Schließlich bewahren und erhalten sie Wissen, bereiten es für langfristige Nachnutzung und kommende Generationen auf. Doch auch darüber hinaus bietet das Konzept Nachhaltigkeit viel Potenzial für Bibliotheken – kann man es doch aus ganz unterschiedlichen Richtungen betrachten. So eröffnete jeder der drei Workshop-Tage neue Perspektiven auf Aspekte wie Bewahrung und Innovation, Sicherung und Wandel – sei es von Beständen, der Organisation Bibliothek oder unseres Planeten. Fachvorträge, Gruppenarbeiten und Lightning Talks boten Einblick in vielfältige Ideen von Nachhaltigkeit in Bibliotheken.

Bibliotheken und ökologische Nachhaltigkeit

Am Dienstag erhielten die internationalen Gäste zunächst eine Einführung in die Strukturen des deutschen Bibliothekswesens und unserer Universitätsbibliothek (UB). Den inhaltlichen Einstieg in das Thema ökologische Nachhaltigkeit übernahmen anschließend Kolleginnen der Arbeitsgruppe GreenFUBib; als praktisches Mitbringsel verteilten sie Notizblöcke aus Altpapier und Pappresten, die im Bibliotheksbetrieb anfallen. Die Nachhaltigkeitsstrategie der FU sowie das Innovationsmanagement der Universität in diesem Bereich stellte Sabine Heckmann von der Stabsstelle Nachhaltigkeit & Energie vor.

Erstmals bereicherte auch ein externer Experte den Library Track: Tim Schumann, Leiter der Heinrich-Böll-Bibliothek in Berlin-Pankow und Mitbegründer des Netzwerks Grüne Bibliothek, präsentierte das Konzept „Green Library“ und zeigte anhand von Beispielen, welche Impulse öffentliche Bibliotheken für ökologisches Handeln liefern. Zum Abschluss des ersten Workshop-Tags berichteten fünf Teilnehmerinnen aus Edinburgh, Tel Aviv, Istanbul, Louvain und Helsinki in kurzen Lightning Talks von spannenden Nachhaltigkeitsprojekten an ihren Bibliotheken.

Bibliotheken und institutionelle Nachhaltigkeit

Mehr denn je agieren Bibliotheken heute in einer Umwelt, die sich stetig verändert. Was dies für eine kontinuierliche – und nachhaltige – Organisationsentwicklung bedeutet und wie Mitarbeitende ihre Denkweisen und Wertvorstellungen verändern können, damit die notwendige Verstetigung des institutionellen Wandels in Bibliotheken gelingt, war das erste Vortragsthema des Mittwochvormittags.

Als nächstes stand die Relevanz des Forschungsdatenmanagements für die Wissenschaft als institutioneller Infrastruktur von Universitätsbibliotheken auf dem Programm: Mit dem Spiel „Research Data Scarytales“, das Worst-Case-Szenarien im Datenmanagement thematisiert, veranschaulichte das Team Forschungsdatenmanagement der UB die Bedeutung sorgfältiger Sicherung, Auffindbar- und Verfügbarmachung von Forschungsdaten.

Der letzte Vortrag des Tages beleuchtete den Mangel an sprachlich-kultureller Vielfalt und eine Eurozentriertheit in der bibliothekarischen Praxis – und diskutierte, wie Multilingualität und kulturelle Diversität in Bibliotheken und Digital Humanities gestärkt werden können.

Bibliotheken und wissenschaftliche sowie serviceorientierte Nachhaltigkeit

Den dritten Workshop-Tag eröffnete ein Einblick in die Arbeit des neueröffneten Ada Lovelace Center for Digital Humanities (ADA), das an der Universitätsbibliothek angesiedelt ist. Die institutionelle Einbettung der Digital Humanities, die sich im Spannungsfeld zwischen Forschungsanspruch und Infrastruktur-Aufgaben befinden, und die nachhaltige Verankerung von „Digital Literacy“ als wissenschaftlicher Kernkompetenz an der FU wurden als zentrale Aufgaben des ADA diskutiert.

Zwei Beiträge aus dem Team Wissenschaftliches Publizieren / Open Access der UB richteten den Fokus anschließend auf „Openness“ von Wissenschaft als neue Möglichkeit eines nachhaltigeren Umgangs mit Wissen. Wissenschaftliche Arbeit, so zeigten sie, profitiert vom freien Zugang zu und der transparenten Zirkulation von Forschungserkenntnissen.

Den Abschluss des dreitägigen Programms bildete das Thema nachhaltige Serviceentwicklung – und ein Ausblick darauf, wie sich die Universitätsbibliothek der FU auf Grundlage von Benutzungsforschung und User Experience (UX) von einer medien- zu einer servicezentrierten Einrichtung entwickelt.

Über die gesamte Zeit hielten die Teilnehmenden Ergebnisse auf gemeinsam gestalteten Postern fest. Intensiv diskutierte Themen waren vor allem die digitale, ökologische und servicebezogene Nachhaltigkeit von Bibliotheksarbeit.

Das Thema des diesjährigen Library Tracks hat uns gezeigt, dass das Interesse des internationalen Bibliothekswesens an Nachhaltigkeitsaspekten stetig wächst. Nachhaltigkeit zu erreichen, ist nicht nur ein wichtiges gesellschaftliches Ziel: Es ist ein Ziel, das uns als Bibliotheken konkret beschäftigt und das wir gemeinsam erreichen möchten.

Einen Erfahrungsbericht unserer Kollegin Naz Özkan (Suna Kirac Library / Koç University, Türkei) finden Sie hier.

 

Text von Lea Schneider und Julian Katz