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Rückblick – aus der Geschichte der Freien Universität

13.07.2021

Das Bürgermeisteramt (re., heute Rathaus) und Wohnhäuser (li.) im Studentendorf Schlachtensee

Das Bürgermeisteramt (re., heute Rathaus) und Wohnhäuser (li.) im Studentendorf Schlachtensee
Bildquelle: Reinhard Friedrich / Freie Universität Berlin, Universitätsarchiv, Fotosammlung, RF/0107-01

„Dorfnachrichten“ des Studentendorfs: Deckblatt der Zeitschrift Konturen

„Dorfnachrichten“ des Studentendorfs: Deckblatt der Zeitschrift Konturen
Bildquelle: FU Berlin, UA, Pub-P, Konturen Nr. 5

Das Universitätsarchiv ist das "Gedächtnis der Freien Universität". In jeder Newsletter-Ausgabe stellt es uns eine Archivalie zur Geschichte unserer Hochschule vor.

Dieses Mal: Demokratie bauen – Das Studentendorf Schlachtensee

Im Oktober 2022 jährt sich die Grundsteinlegung des von den Architekten Hermann Fehling, Daniel Gogel und Peter Pfankuch geplanten Studentendorfs Schlachtensee zum 65. Mal. Diese fand im Jahr 1957 in Anwesenheit der amerikanischen Botschafterin Eleanor Dulles statt, der Schwester des damaligen Außenministers der USA, John Foster Dulles. Bis zum Abschluss der letzten Bauphase im Jahr 1964 vergingen insgesamt sieben Jahre. Die damalige Wohnungsnot unter den Studierenden – nach wie vor eine aktuelle Thematik – sollte mit 720 Einzelzimmern und einer Vielzahl gemeinschaftlicher Räume gelindert werden.

Architektonisch an den Stil des Bauhauses angelehnt und als Ensemble der Nachkriegsmoderne bedeutsam, wurde die Errichtung des „Studentendorfs der Freien Universität“ – so der ursprüngliche Name – mit Geldern der US-amerikanischen Regierung und mit Mitteln des Landes Berlin ermöglicht. Eleanor Dulles hatte die Initiative zum Bau des Studentendorfs ergriffen und die Vermittlung der amerikanischen Spende übernommen (vgl. FU Berlin, UA, AA, 6 sowie James Tent, Freie Universität Berlin 1948 – 1988, Berlin 1988, S. 362).

Als Rechtsform für den Betrieb des Studentendorfs wurde eine Stiftung unter der Führung eines Direktors gewählt. Die studentische Selbstverwaltung – eine spezifisch Berliner Erfindung – war über einen Dorfrat geregelt (vgl. FU Berlin, UA, AA/110). Das Organ der internen und externen Kommunikation stellten die seit Juli 1960 erscheinenden ‚Konturen‘ dar.

Ein auch aus Mitteln der Ford-Foundation finanziertes Tutorenprogramm, welches ursprünglich an der Philosophischen Fakultät der FU im Wintersemester 1951/52 „erfunden“ und später nicht nur FU-, sondern auch bundesweit kopiert wurde, sollte Studienanfänger*innen über praktische Ratschläge und moralische Unterstützung durch ältere Kommiliton*innen Orientierung bieten und den Einstieg ins Studierendenleben erleichtern. Gerade im Studentendorf Schlachtensee spielte dieses Tutorensystem eine bedeutende Rolle und war ein wichtiges Instrument, die Gemeinschaft und den Zusammenhalt zu fördern. Dies, sowie die Absicht, das Demokratieverständnis der Studierenden zu stärken, war auch Motiv für die amerikanische Finanzierung – nicht zuletzt in Hinblick auf Studierende aus Ost-Berlin und der DDR. (vgl. Tent, S. 223f und 292 sowie FU Berlin, UA, AA, 34, 88 und 110).

Über die Jahrzehnte war das günstige und vergleichsweise komfortable Wohnen im Studentendorf äußerst beliebt. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Studierenden gegen einen im Zuge der Berliner Sparpolitik und der Umstrukturierung der hiesigen Universitätslandschaft angedachten Abriss des Studentendorfs im Jahr 2003 wehrten – und letztendlich erfolgreich seinen Erhalt über eine Genossenschaft sicherten. Davon zeugt u. a. ein aus dieser Zeit erhaltenes T-Shirt mit der Aufschrift „Finger weg vom Studentendorf“, welches in der musealen Sammlung unseres Universitätsarchivs verwahrt wird (vgl. FU Berlin, UA, PS, 324, Berliner Zeitung 07.04.2003 sowie FU Berlin, UA, PS, 325, Berliner Morgenpost 27.05.2003).

Aus der seit 1957 mit der FU verbundenen Geschichte des Studentendorfs zeugen eine Reihe im Universitätsarchiv aufbewahrter Archivalien. So verwahrt das Archiv der FU den im Rahmen einer Schenkung erhaltenen Bestand des Studentendorfs, verfügt über eine Reihe von Fotografien, Bauakten inklusive Bauzeichnungen, in der Publikationssammlung über Monografien, die Zeitschrift Konturen, Prospekte, einen Pressespiegel und Ansichtskarten; außerdem beispielweise im Bestand des Akademischen Außenamts über eine recht umfangreiche Überlieferung an Verwaltungsakten, die die fast 50-jährige Geschichte des Studentendorfs als Einrichtung der FU dokumentieren.

Das vorliegende Material lädt dazu ein, die Geschichte dieses für die Geschichte Berlins relevanten Gebäudeensembles neu und anders zu entdecken.

Text von David Stefan

Weitere Informationen:

Online-Archivdatenbank des Universitätsarchivs der Freien Universität Berlin