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Die Entwicklung der Kleinen Fächer

Abguss-Sammlung Antiker Plastik Berlin

Abguss-Sammlung Antiker Plastik Berlin
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Wenngleich einige der Kleinen Fächer, etwa aus den Altertumswissenschaften, an der Freien Universität bereits seit ihren Gründungsjahren vertreten sind, bildete sich der größere Teil erst in den 1960er Jahren heraus, als sich die Wissenschaftslandschaft in Deutschland allgemein zunehmend diversifizierte.

Rund 30 Jahre später hatte die deutsche Vereinigung auch für die Freie Universität weitreichende Konsequenzen: Die 1990er Jahre waren für die Freie Universität geprägt von zahlreichen Sparauflagen. Die Studierendenzahl der Freien Universität erreichte 1992 und 1993 mit mehr als 60 000 ihren Höchststand. Sie wurde in den darauffolgenden Jahren aufgrund von Zulassungsbeschränkungen um rund ein Drittel reduziert.

Mit dem Strukturplan 2004 war die Freie Universität gezwungen, einige über viele Jahre an der Hochschule und am Fachbereich vertretene Fächer aufzugeben, darunter die Indogermanistik, die Indologie und die Evangelische Theologie, da Mehrfachangebote in Berlin an einem Ort gebündelt werden sollten. Insgesamt betrachtet gelang es der Freien Universität, ein breites Spektrum Kleiner Fächer an der Hochschule zu bewahren.

In den Kleinen Fächern verliehen häufig renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dem jeweiligen Institut sein spezifisches Profil. Durch das Engagement und die Fähigkeiten einzelner Vertreterinnen oder Vertreter des Fachs konnte die Forschung in vielen Fällen vorangetrieben werden; dies geschah etwa, indem Sammlungen angelegt, Spezialbibliotheken aufgebaut oder internationale Kooperationen begründet wurden.

Ganz allgemein spiegeln die Kleinen Fächer im besonderen Maße die universitäre Entwicklung wider: Jede Sparmaßnahme wird unmittelbar spürbar, jede personelle Veränderung – sei es durch Emeritierung oder Ruhestand, sei es durch Neubesetzung – kann die Ausrichtung eines Instituts entscheidend wandeln, jeder Umzug bringt grundlegende Veränderungen mit sich. Drittmittel-Finanzierungen tragen mittlerweile vielfach zur Sicherung des Fortbestands der Fächer bei.

Die grundlegende Studienreform im Rahmen des Bologna- Prozesses zur europaweiten Vereinheitlichung von Studienabschlüssen zog für die Institute teilweise gravierende Veränderungen nach sich, sodass sie sich neu positionieren mussten. Einige der hier behandelten Kleinen Fächer an der Freien Universität sind im Rahmen dieses Prozesses dazu übergegangen, eine interdisziplinär ausgerichtete Orientierungsphase mit anschließender fachspezifischer Vertiefung anzubieten, beispielsweise beim Bachelorstudiengang Altertumswissenschaften, während von allen Kleinen Fächern eigene forschungsorientierte Masterstudiengänge angeboten werden.

Unter maßgeblicher Beteiligung der Kleinen Fächer hat sich in den vergangenen Jahren in der Lehre wie in der Forschung die Zusammenarbeit innerhalb des Fachbereichs und mit anderen Fachbereichen durch zahlreiche interdisziplinäre Verbundforschungsprojekte intensiviert. Plattformen wurden gegründet wie unter anderem das Interdisziplinäre Zentrum Alte Welt, in das nicht allein die Altertumswissenschaften eingebunden sind, oder das Interdisziplinäre Forum Gender und Diversity Studies, das die Aktivitäten der Geschlechter- und Intersektionalitätsforschung bündelt. Auch das Zentrum für Regionalwissenschaften / Center for Area Studies ist mit dem Fachbereich verbunden und vereint die geistes- und sozialwissenschaftliche Regionalkompetenz an der Freien Universität.

Im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder wurde 2007 der Exzellenzcluster Topoi (The Formation and Transformation of Space and Knowledge in Ancient Civilizations) bewilligt und von Freier Universität und Humboldt-Universität mit außeruniversitären Partnern eingerichtet. Für ein solch umfassendes interdisziplinäres altertumswissenschaftliches Projekt ist Berlin ein besonders geeigneter Standort; durch dieses konnte die Verbindung der Freien Universität mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie den Staatlichen Museen und dem Archäologischen Zentrum sowie mit dem Deutschen Archäologischen Institut nachhaltig gestärkt werden.

Die Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies und die Graduate School of East Asian Studies, ebenfalls im Rahmen der Exzellenzinitiative in den Jahren 2007 und 2012 bewilligt und wesentlich von den Kleinen Fächern getragen, bieten Doktorandinnen und Doktoranden günstige Möglichkeiten für ihre Forschung und Ausbildung.

Die Freie Universität hat seit ihrer Gründung maßgeblich auch auf die Kleinen Fächer gesetzt und trotz aller Sparauflagen erfolgreich daran gearbeitet, das reiche Fächerspektrum zu erhalten, als Grundlage für die erfolgreiche Entwicklung der Hochschule. Der Neubau bietet den unterschiedlichen Fächern nunmehr einen gemeinsamen Ort, der die vielfältigen Formen der Kooperation und des wissenschaftlichen Austauschs erleichtern und weiterhin fördern soll.

Eine ganz wesentliche Rolle kommt der Zusammenlegung der Bibliotheken zu und damit deren Stärkung als kollektiven Raum für Studierende, Lehrende und Forschende. Die Kleinen Fächer werden auf diese Weise einerseits ihr eigenes Profil und eine konzeptionelle Eigenständigkeit bewahren und sich andererseits durch die räumliche Nähe noch stärker vernetzen können.