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Gendern in Hausarbeiten und Prüfungen

Wir erwarten, dass alle Mitglieder der Freien Universität Berlin das Ziel teilen, die Universität zu einem diskriminierungsfreien und diversitätsgerechten Ort zu machen. Dazu gehört auch das Nachdenken darüber, welche Personengruppen berücksichtigt und welche ausgeschlossen werden – auch sprachlich. Wir hoffen, dass dieses Nachdenken auch im Rahmen des Studiums stattfindet und Studierende sich um eine Sprache bemühen, die gleichzeitig wissenschaftlich exakt und diskriminierungsfrei und diversitätsgerecht ist. Bereits jetzt verwenden viele Studierende der Freien Universität Berlin gendergerechte Sprache.

Regelungen in Satzungen der Freien Universität Berlin, die die Anwendung der gendergerechten Sprache in allen Vorlesungen oder Prüfungen vorschreiben oder die besagen, dass Rechtschreibfehler oder eine fehlerhafte Verwendung von gendergerechter Sprache grundsätzlich zu Punktabzug führen bzw. bewertungsrelevant sind, gibt es nicht.

Inwieweit gendergerechte Sprache in Hausarbeiten oder Klausuren angewendet werden muss, obliegt gemäß dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Grundgesetz) den Prüfenden und Lehrenden. Sie haben einen Beurteilungsspielraum. Auch wissenschaftliche Qualitätskriterien spielen hier eine Rolle. Aus fachlicher Sicht kann beispielsweise in manchen Zusammenhängen die (sprachliche) Berücksichtigung von Geschlechtervielfalt ein fachliches Leistungskriterium darstellen.

Zum Beispiel vermittelt das Studium der Grundschulpädagogik wissenschaftliche Kenntnisse und praktische Fertigkeiten, um Inhalte und Bildung an Kinder weiterzugeben. Da Kinder sowohl geschlechtlich als auch hinsichtlich anderer sozialer Kategorien vielfältig sind, ist die (auch sprachliche) Berücksichtigung dieser Vielfalt in pädagogischen Praxisfeldern als Kernkompetenz für die erfolgreiche didaktische Arbeit zu betrachten. Somit könnte die Verwendung geschlechtergerechter Sprache in diesem Fall ein bewertungsrelevantes fachliches Kriterium sein.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch allgemeine Grundkenntnisse und Fähigkeiten (zum Beispiel das Beherrschen der deutschen Sprache) neben dem eigentlichen Ziel der Leistungskontrolle, das im Wesentlichen auf den Nachweis fachlicher Befähigungen und damit zusammenhängender Qualifikationen ausgerichtet ist, abverlangt werden dürfen (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. (2018), Rn. 394 mit Verweis auf OVG Nds., Beschl. v. 17.9.2007 - 2 PA 593/07, NVwZ-RR 2008, 323). Inwiefern die Verwendung von gendergerechter Sprache vergleichbar mit der Beherrschung der Regeln der deutschen Sprache ist, wurde bisher – soweit uns bekannt – noch nicht rechtlich entschieden und ist in der aktuellen Diskussion umstritten.