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Gebäude

Rückansicht des Gebäudes

Rückansicht des Gebäudes
Bildquelle: Michael Fahrig

Historische Planzeichnungen

Historische Planzeichnungen
Bildquelle: Amtsgericht Schöneberg, Grundbuchamt, Grundbuchakten Berlin-Dahlem/Steglitz

Halbrelief an der Gebäudeaußenseite

Halbrelief an der Gebäudeaußenseite
Bildquelle: Michael Fahrig

Das Chauffeurhäuschen steht rechts neben dem Haupthaus. Im Kleinen wiederholen sich hier die Charakteristika, die auch das Hauptgebäude ausmachen: roter Backstein nach niederländischer Art gemauert, weiße Sprossenfenster, blaue Fensterläden. Doch das Hauptgebäude möchte repräsentieren.

Seine Fassade ist in der Mittelachse durch Kolossalpfeiler mit Eingang, Balkon und Freitreppe betont, einzelne Sandsteinelemente liegen mit dezenten Reliefs als Dekor auf Tür- und Fenstersturz, über allem wölbt sich ein Konsolgebälk mit Walmdach. Obwohl 1922/1923, wenige Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges in einer krisenhaften Zeit gebaut, kamen für dieses Palais nur hochwertige Materialien zum Einsatz.

Die Pläne der inneren Struktur des Hauses zeugen von einem großbürgerlichen Leben, mit Salon für den Herrn, Salon für die Dame, Ankleideraum und Gästezimmer. Für das Personal war das Souterrain vorgesehen, für den Chauffeur des Automobils das eigene Nebengebäude. Die Planung war für den Geschäftsführer der „Flüchtlingsheim GmbH“, Wilhelm Landefeld, ausgelegt. Diese Gesellschaft war eine Tochter der Hugo Stinnes GmbH, die sich damals verstärkt auch in Berlin engagierte. Für den Stinnes-Konzern war das Projekt in Dahlem eines der kleineren, doch es war verknüpft mit einem ungleich bedeutenderen Bauprojekt im Westen Berlins.

Auf dem Weg zur modernen Metropole kam es Anfang des 20. Jahrhunderts in Berlin zur Planung einer Übungsstraße für das neu aufgekommene Verkehrsmittel Automobil, eine eigene Straße, die den ungestörten Verkehr ermöglichen sollte: die Automobil-Verkehrs- und Übungs- Straße, kurz AVUS. Erste Arbeiten daran waren durch den Ersten Weltkrieg zum Erliegen gekommen.

Nach Ende des Krieges wurde das Großvorhaben wieder aufgegriffen, doch es ergaben sich finanzielle Schwierigkeiten. In dieser Situation sprang Hugo Stinnes als Investor ein, und 1921 konnte die AVUS in Betrieb genommen werden. Auf der Rundstrecke war ein Durchschnittstempo von 75 Kilometern pro Stunde möglich, eine fast doppelt so hohe Geschwindigkeit wie auf Landstraßen sonst üblich.

Die Hochbauabteilung der Hugo Stinnes GmbH, in deren Hand die Errichtung der AVUS lag, beschäftigte den jungen Architekten Edmund Meurin (1893–1983). Er entwickelte die Entwürfe für das 1923 fertiggestellte Tribünen- und das Verwaltungsgebäude der AVUS. Gleichzeitig erarbeitete er die Pläne für die Villa am heutigen Hüttenweg 7. Damals hatte die Straße keinen Namen, sondern war Nummer 81, die erst noch befestigt werden musste.

Bei diesem Gebäude wagte Meurin keine Experimente, sondern orientierte sich am Geschmack der Vorkriegszeit, vermutlich in Abstimmung mit dem künftigen Bewohner Wilhelm Landefeld, dem Chef des Stinnes- Tochterunternehmens, das Unterkünfte für Flüchtlinge bereitstellte. Berlin war infolge des Krieges ein Sammelpunkt für Obdachlose geworden, die aus den vormals deutschen Regionen kommend hier gestrandet waren. Die Unterbringung dieser Menschen war nicht nur eine karitative Aufgabe, es eröffnete sich auch ein kommerziell interessantes Feld. Der zeitgenössische Autor Hardy Worm, der unter anderem für die Weltbühne schrieb, schildert ein solches Asyl und seine Bewohner:

„Sie haben alle etwas erlebt. Gramvolles. Sie haben ihre Scholle verlassen müssen. Das, an dem sie gehangen haben. Der Wahnwitz der vier Kriegsjahre hat sich bei ihnen ausgewirkt. Man findet hier Leute aller Alters- und Berufsklassen. Hand- und Kopfarbeiter. Intelligente und Dumme. Abenteurer und Spießbürger. Elsässer, Balten, Russen, Schlesier. Vielleicht werden bald Rheinländer hier sein. Die Opfer des Militarismus. Diese Menschen alle sind ohne Heim. Dieser Saal hier ist ein Aufenthaltsraum. Ein Wartesaal. Nichts weiter. Er ist kein Flüchtlingsheim ...“

Die von der Stinnes GmbH mit einer eigenen Gesellschaft betriebenen Flüchtlingsheime werden ähnlich karg ausgestattet gewesen sein – welch Gegensatz hierzu das Wohnhaus des Geschäftsführers Landefeld. Dessen Erfolg war eng mit dem des Mutterunternehmens verknüpft.

Als Hugo Stinnes 1924 überraschend im Alter von 54 Jahren starb, zerbrach dessen weitverzweigter Konzern. Auch Wilhelm Landefeld wird seinen Posten verloren haben und musste aus der Villa ausziehen; 1926 wohnte er schon nicht mehr dort und war stattdessen Mieter in einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Spandau geworden.

Im Jahr 1934 ging das Anwesen in das Eigentum der Ammoniakgesellschaft Merseburg GmbH über, einer Tochter der IG Farben AG. Ob der Direktor der IG Farben, Max Coenen, der nicht weit entfernt in der Gelfertstraße 45 wohnte, den Kauf veranlasste, ist nicht bekannt.

Ebenfalls 1934, angesichts der verstärkten rassistischen Verfolgung, verließ Rechtsanwalt Rudolf Isay, Hausnachbar zur Rechten im Hüttenweg 9, die Wohngegend und das Land; er floh nach Brasilien. Auf der Rückseite der Grundstücke im Hüttenweg wurde 1936 mit dem Bau einer großen Anlage für das Luftkreiskommando der Luftwaffe an der Kronprinzenallee (heute: Clayallee) begonnen, das 1938 hier einzog.

Industriedirektoren sowie maßgebliche Institutionen der militärischen und politischen Führung des nationalsozialistischen Deutschlands hatten sich mittlerweile in Berlin-Dahlem niedergelassen. Nach Kriegsende übernahm die US-amerikanische Armee als alliierte Besatzungsmacht zahlreiche dieser Einrichtungen.

Im ehemaligen Verwaltungs- und Kasernenkomplex der Luftwaffe etablierte sich der militärische Hauptsitz der USA unter Führung von General Lucius D. Clay. Im Zuge der Beschlagnahme der Grundstücke der IG Farben in der Gelfertstraße 45 wurde auch das Gebäude im Hüttenweg 7 requiriert.

Im Mai 1956 gab die US-Besatzungsmacht die Beschlagnahme des Grundstücks auf. Die Freie Universität Berlin schloss mit der nun eingesetzten Hausverwaltung einen Mietvertrag. Über lange Zeit war hier die Bauabteilung der Freien Universität Berlin ansässig. Nach 1970 übernahm das Land Berlin das Grundstück und überließ es 1984 gänzlich der Freien Universität Berlin zur Nutzung und Bewirtschaftung.

In den 1970er Jahren war das Außenamt der Universität in der Villa untergebracht. Zwischenzeitliche Überlegungen, den nach der deutschen Vereinigung freigewordenen angrenzenden Komplex des US-amerikanischen Militärs als Campus für die Freie Universität Berlin auszubauen – was auch Konsequenzen für die Villa am Hüttenweg 7 nach sich gezogen hätte – zerstreuten sich. Schließlich wurde das Gebäude doch als wissenschaftliches Institut genutzt. Das Haus ist mittlerweile als Baudenkmal ausgewiesen.